Description: Pflügender Bauer. Originale, farbige Offset-Lithographie von 1935. Auf braunem Karton montiert. Nach dem Originalgemälde von Wilhelm Petersen (gemalt um 1934/35). In der Platte signiert. Größe 183 x 254 mm. Mit minimalen Alterungs- und Gebrauchsspuren, sehr guter Zustand. Hervorragende Bildqualität auf Kunstdruckpapier – extrem selten!!! 100%-Echtheitsgarantie – kein Repro, kein Nachdruck!!! Besichtigung jederzeit möglich. 100% guarantee of authenticity - not a reproduction, not a reprint! Visit any time. Bitte warten, hier kommt gleich ein großes Bild!!! Aus großem Bildarchiv, weitere Angebote in meinem ebay-shop! Out of a large archiv, more offers in my ebay shop! Das Angebot wird als Sammlerstück verkauft - Urheberrechte sind im Kauf ausdrücklich NICHT enthalten!!! This offer is sold as a collector's item only and no copyrights are being sold here. Weitere historische Originale finden Sie in meinem ebay-shop!!! 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August 1900 in Elmshorn; † 22. Mai 1987 ebenda) war ein deutscher Maler, Illustrator und Schriftsteller. Leben Petersen lernte bei dem Hamburger Ausstattungsmaler Peter Gustav Dorén und besuchte die Kunstgewerbeschule. 1918 schloss er seine Lehrzeit durch eine Notprüfung als Malergeselle ab und meldete sich freiwillig zum Kriegsdienst. Nach dem Ersten Weltkrieg schloss er sich 1919 dem berüchtigten Freikorps Marinebrigade Ehrhardt an und nahm 1920 am Kapp-Putsch teil. In den 1920er Jahren malte, restaurierte und kopierte er für verschiedene Auftraggeber. Als Bootsmann unternahm er ausgedehnte Reisen in die skandinavischen Länder. Später trat er der N. bei und gehörte zur ..-Künstlerprominenz. 1935 wurde er mit Darstellungen betraut, die das n. Denken im Schulunterricht begreifbar machen sollten, um „unserer Jugend einen künstlerisch hochwertigen und wissenschaftlichen Anschauungsstoff“ zu liefern. Am 30. Januar 1938 ernannte ihn H., A. zum Professor für bildende Künste, obwohl Petersen kein Studium absolviert und keinen akademischen Grad erworben hatte. Im Z. W. wurde Petersen als Kriegszeichner und Kriegsberichterstatter eingesetzt. Am Polenfeldzug nahm Petersen als Schütze in der ..-V.truppe teil; seine Erlebnisse schilderte er im Bildband T. in Polen. Bei der Ausstellung Dt. K. und die .. 1944 in B. wurde von ihm ein Studienblatt aus Russland gezeigt; in der gleichnamigen Salzburger Ausstellung (ebenfalls 1944) waren seine Werke Russische Bauern, Geballte Ladungen werden angebracht und Es reitet der Tod zu sehen. Die Große deutsche Kunstausstellung, als wichtigste kulturelle Veranstaltung im n. Deutschland angepriesen, zeigte 1937, 1938 und 1940 insgesamt acht Werke Petersens; das Gemälde Inken wurde dort von Martin B. (Leiter der P.-K. der N.) erworben; die Zeichnung Dagny B. kaufte H. persönlich für seine private Sammlung. In der Kunstsammlung von G., H. befanden sich fünf Werke Petersens. Petersen wurde zum „K.smaler der ..“ ernannt und gehörte als solcher der ..-Standarte K. E. an. Er war U. der W.-.. und gehörte zu den Illustratoren der von H., H. herausgegebenen Zeitschrift ..-L.hefte. Petersen wurde mit dem E.kreuz für K.steilnehmer I ausgezeichnet und 1943 in den P. Stab R. .. berufen. Krönung seiner Karriere war der Auftrag H., G.s, den R.jägerhof C. mit Wandgemälden auszustatten. Petersens intensivste Förderer waren N.-R.sleiter R., A. und dessen Sekretär Thilo v. T. Nach K.sende wurde Petersen von den A. verhaftet und im von den Briten zum Internierungslager umfunktionalisierten .. N. monatelang verhört; im April 1946 kam er auf freien Fuß. Petersen prägte mit seinen Bildern, heißt es im Brockhaus des Jahres 1939, „neue Vorstellungen vom G.tum in wirklichkeitserhöhender, aber auf genauen vorgeschichtlichen Studien beruhender Gestaltung; Wandgemälde zur nordischen Götter- und Heldensage, Entwürfe zu einer Nibelungenfolge, Bilderreihen zu norddeutschen Märchen- und Spukgeschichten“ usw. bildeten sein Œuvre. In der Zeitschrift V. u. R., für die Petersen auch Titelbilder lieferte, hatte bereits 1935 zu lesen gestanden: Aus seinen „außerordentlich wertvollen Gemälden […] spricht nordisches Wesen und nordische Geisteshaltung ungetrübt und unbeeinflußt“. Nach dem Z. W. hatte Petersen aufgrund seiner Vergangenheit große Schwierigkeiten, neue Arbeit zu finden. 1950 fand er durch Vermittlung von Eduard Rhein eine Anstellung bei der Hörzu. Hier schuf er zunächst Zeichnungen für den redaktionellen Teil und Titelseiten im Stil amerikanischer Illustrierten. Zwischen 1953 und 1964 illustrierte Wilhelm Petersen zwölf Mecki-Bücher. Er löste damit Reinhold Escher als Zeichner der Mecki-Bücher ab. Petersens Mecki-Illustrationen zeigen gelegentlich intensive Anlehnungen an die n. R.theorie und die n. Kunstauffassung. Zwischen 1958 und 1969 arbeitete er im Wechsel mit Reinhold Escher an der wöchentlichen Mecki-Seite der Hörzu. Seit 2009 werden die Mecki-Bände im Esslinger Verlag veröffentlicht. Würdigung 1975 wurde Petersen mit dem Friedrich-Hebbel-Preis für sein malerisches Werk geehrt. Bücher von Wilhelm Petersen Wilhelm Petersen: Ut de Ooken. Hamburg: Küsten-Verlag 1937. Wilhelm Petersen: Der Aalstecher Batavia. Hamburg: Küsten-Verlag 1938. Wilhelm Petersen: Bark-Schiff Flora von Elveshörn. Briefe und Tagebuch-Blätter um ein Grönlandschiff. Bordesholm: Selbstverlag Wilhelm Petersen 1938. Wilhelm Petersen: T.tanz in Polen. Hamburg: Küsten-Verlag 1940. Wilhelm Petersen: Die Gudrun-Sage. Band 7 der Deutschen Heldensagen. Elmshorn: Köllnflockenwerke 1953. Wilhelm Petersen: Er g. an meiner Seite. Zeichnungen 1939-1945. Zeichnungen des Malers W. Petersen aus dem K.sgeschehen im Z. W. Osnabrück: M.-Verlag 1980. Wilhelm Petersen: Die Bukaniere vom Brook Hamburg: Küsten Verlag 1949. Als Germanen wird eine Anzahl von Stämmen in Mitteleuropa und im südlichen Skandinavien bezeichnet, deren ethnische Identität die Forschung traditionell über die Sprache bestimmt. Sprachzeugnisse, die gegenüber den rekonstruierten indogermanischen Dialekten die erste (germanische) Lautverschiebung aufweisen, gelten als Beleg für germanische Völker. Ab der Zeitenwende prägte der Kontakt mit den Römern die germanische Welt, wie auch die Entwicklung des Römischen Reichs sich dann zunehmend mit der germanischen Welt verband. In der Spätantike entwickelten sich aus der Vielzahl germanischer Stämme einige größere Völker, welche über weite Entfernungen innerhalb Europas und den angrenzenden Regionen wanderten. Einige gründeten Reiche nach antikem römischen Vorbild. Elemente der germanischen Religion und des religiösen Brauchtums wurden unter anderem durch Akkommodation in das angenommene Christentum übertragen. Dieser Artikel beschreibt die allgemeine Geschichte der germanischen Völker beginnend vor der Zeitenwende bis in die Spätantike. In der Forschung wird auch die Geschichte Skandinaviens bis ins Mittelalter im germanischen Kontext gesehen. Die Geschichte einzelner Stämme, die germanische Mythologie und die germanischen Stammesrechte sind Thema weiterer Artikel. Begriffskritik: Germanen Die Herkunft des Begriffs ist bis heute nicht zweifelsfrei geklärt. Von „Germanen“ kann strenggenommen erst zu der Zeit gesprochen werden, in der sie in den schriftlichen Quellen erscheinen und auch so genannt werden. Älteste historische Berichte über germanische Kulturen stammen von Begegnungen mit den Griechen und dem Römischen Reich; eigene Schriftzeugnisse wie z. B. die Runen finden sich erst nach der Zeitenwende. Der Germanenbegriff ist eine völkerkundliche Einteilung in antiker Tradition für eine Großgruppe zwischen Kelten und Skyten. Er ist zum geringen Teil eine Selbstbezeichnung, im übrigen aber eine Fremdbenennung von außen. Auch eine Selbstbenennung lässt keinen Schluss auf ein Bewusstsein gesamtgermanischer Identität zu, schon gar nicht im Sinne moderner Vorstellungen von Ethnizität, da die gentes, die Stämme, auch sehr inhomogen zusammengesetzt waren. Der namensgebende Kern wird nach Poseidonios in den Stämmen am Niederrhein und am Nordseeküstengebiet gesehen. Die Ausweitung des Namens wird den Kelten und Römern zugeschrieben, ist aber des näheren nicht mehr zu erhellen. Auch eine Selbstzuordnung von Stämmen zu den Germanen ist möglich, wie es nach Tacitus die Marrsi, Gambrivii, Suebi und Vandilii taten, indem sie behaupteten, zur Mannus-Genealogie zu gehören. Als das wichtigste Ereignis der Ethnogenese wird die Ausbreitung der Sueben angesehen. Nach Wenskus waren es die Sueben, die die ethnische Einigung der Germanen in die Wege leiteten. Dass, obwohl sich der Suebenname immer weiter ausbreitete, sich nicht der Suebenname, sondern die Germanenbezeichnung durchsetzte, ist nach ihm auf die Konfrontation der Sueben mit den Römern zurückzuführen, die die politische Kraft des Suebentums zerbrochen habe. Das Wachsen eines Einheitsgefühls ging von verschiedenen Zentren aus und war mehr von außen als von innen her stimuliert. Dabei spielte auch die Infiltration von geografischen Randgruppen an der Elbe und in Jütland sowie in Südskandinavien und die damit einhergehende Selbstkeltisierung eine Rolle. Historische Quellen Bereits der griechische Reisende Pytheas aus Massilia berichtete um 330 v. Chr. über die Länder um die Nordsee und die dort lebenden Völker. Die ostgermanischen Bastarnen drangen ab ca. 200 v. Chr. nach Südosten in das heutige Ostrumänien vor und wurden ab 179 v. Chr. in Kämpfe der Makedonen und anderer Völker auf dem Balkan verwickelt. Als ältester Beleg für das Wort „Germanen“ gelten die fasti triumphales zum Jahre 222 v. Chr. Dort wird der Sieg des Marcus Claudius Marcellus bei Clastidium „de Galleis et Germaneis“ genannt. Damals belegte man offenbar die Gallier die nördlich der Alpen siedelten mit dem Germanenbegriff. Plinius der Ältere nennt in seiner Naturalis historia 3, 25 Germanen in den Alpen. In Rom wurden also noch lange die in Mitteleuropa lebenden Völkerschaften nicht als Germanen bezeichnet. Erst in der späteren römischen Literatur wurde der Beginn der römisch-germanischen Konfrontation mit dem Kimberneinfall verbunden. Zur Zeit ihres Auftretens wurden die Kimbern noch nicht als Germanen identifiziert. Plutarch selbst trat dann für die Bezeichnung „Germanen“ für die Kimbern ein. Überwiegend wurden die Kimbern aber für Kelten gehalten. Die historischen Überlieferungen über auch so bezeichnete Germanen beginnen in den Berichten antiker Schriftsteller im 1. Jh. v. Chr. Der älteste Hinweis findet sich um das Jahr 80 v. Chr. bei Poseidonios von Apameia im 30. Buch. Dort schildert er, dass die Germanen als Hauptmahlzeit Glieder gebratenen Fleischs zu sich nähmen, Milch tränken und unvermischten Wein. Für die Leser der damaligen Zeit beschreibt diese Charakterisierung Barbaren. Poseidonios kannte die Germanen offenbar nur als ein in der Nähe des Rheins lebendes, den Kelten (s.a. Gallier) nahestehendes Volk, zu denen die Kimbern am Nordrand der bekannten Welt (Oikoumene) nicht gehörten. Auch Strabon hielt die Germanen für ein den Galliern verwandtes Volk. Kurze Zeit später prägte Julius Caesar in seinem Buch „Der gallische Krieg“ 51 v. Chr. den Begriff, indem er Gallien am Rhein enden ließ und alles Land östlich davon als Germanien bezeichnete (Germanenexkurs). Bis dahin glaubte man, nördlich der Alpen würden im Westen die Kelten und im Osten durch den Fluss Tanaïs (Don) getrennt die Skythen leben. Caesar definierte die Gruppe der Germani cisrhenani nach der militärischen Aufgebotsordnung und Wehrgenossenschaft der Belger: Er rechnete die Condrusi, Eburones, Caerosi, Caemani, Ambivariti und die Segni dazu, nicht aber die benachbarten Atuatucer, obgleich er sie für Abkömmlinge der Kimbern hielt, weil sie nicht zu dieser Aufgebotsordnung gehörten. Sie haben sich auch selbst gegenüber Caesar als „Germani“ bezeichnet.[4] Die Bezeichnung cisrhenani legt aber nahe, dass man sie schon damals von rechtsrheinischen Germani unterschied. Wie Caesar dazu kam, alle östlich des Rheins lebenden Völkerschaften mit Germanen zu identifizieren, ist umstritten. Der Germanenbegriff wird im Laufe seines Kriegsberichts inhaltlich weiter aufgefüllt bis hin zu seinen Erläuterungen in 6, 11 ff. Eine Erklärung könnte sich aus einem politischen Ziel ergeben, den Rhein als Völkergrenze anzusehen und eine tiefe Kluft zwischen Galliern und Germanen zu beschreiben und so sein Werk als „Eroberung Galliens“ darzustellen. Für Pomponius Mela waren die südliche Grenze des Germanengebietes die Alpen, die westliche Grenze der Rhein, die östliche die Weichsel und das Gebiet der Sarmaten, die nördliche die Meeresküste. Eine tatsächliche Kulturscheide stellte der Rhein jedoch nicht dar, da sowohl östlich davon keltische als auch westlich davon germanische Gruppierungen siedelten und Caesar dies auch bekannt war. Archäologisch lässt sich lediglich das Gebiet der oppida in nördlicher und östlicher Richtung abgrenzen. Diese Festschreibung Caesars wirkte sich jedoch fortan in ethnografischer Hinsicht differenzierend aus. Der römische Historiker Tacitus schreibt in seiner Ethnografie „Germania“ im Jahre 98: Die ersten, die den Rhein überschritten und die Gallier vertrieben hätten, die jetzigen Tungrer, seien damals Germanen genannt worden. So habe der Name eines Stammes, nicht eines ganzen Volkes, allmählich weite Geltung erlangt: zuerst wurden alle nach dem Sieger, aus Furcht vor ihm, als Ger-manen bezeichnet, bald aber nannten auch sie selbst sich so, nachdem der Name einmal aufgekommen war. Tacitus zufolge wurden alle rechtsrheinischen Stämme zuerst von den Galliern als Germanen im umfassenden Sinn bezeichnet. Cicero kannte den Germanenbegriff Caesars noch nicht. Von Tacitus stammt die Überlieferung der mythischen Genealogie, die die Germanen auf Tuisto, Mannus und dessen drei Söhne, zurückführte und die den Stammesgruppen der Ingaevonen, Hermionen und Istaevonen ihren Namen gegeben hätten. Eine Variante habe noch die Marsi, Gambrivii, Suebi und Vandilii hinzugefügt. Der Germanenname galt zunächst für kleine Völker im belgisch-niederrheinischen Bereich beiderseits des Rheins. Diese Völker befanden sich vor Caesar noch außerhalb des Horizonts der antiken Beobachter und wurden, als man von ihnen erfuhr, zunächst für Kelten gehalten. Die Ausbreitung des Germanennamens wird heute meist darauf zurückgeführt, dass die Gallier die östlichen Invasoren als Fremde empfanden, sich von ihnen abgrenzten und für die Invasoren den Germanennamen verwendeten. Die Römer hätten ihn dann von den Galliern übernommen. Das Wort Germanen ist nicht, wie häufig versucht, auf den Ger (von germ. *gaizaz), einen Wurfspeer, zurückzuführen. Es wird jedoch Verwandtschaft mit lat. germānus ‘leiblich, echt, wahr’, air. gairm ‘Schrei’ oder air. gair ‘Nachbar’ erwogen. Anfänglich waren es die Sueben, deren Tradition und Erscheinung bestimmend für die ethnografische Wahrnehmung und Beschreibung zahlreicher germanischer Stämme in der antiken Welt wurden. Später lag diese Dominanz bei den gotischen Stämmen. In der Spätantike wurde der Germanenbegriff weiterhin nur für die auf germanischem Gebiet siedelnden Stämme gebraucht, die wandernden (ostgermanischen) Großstämme traten unter einer eigenen Identität auf (Goten, Vandalen usw.). Die Skandinavier wurden schon nicht mehr zu den Germanen gezählt. Moderner Germanenbegriff Der moderne Germanenbegiff setzt auf der Begriffsbildung Caesars auf. Im 19. und 20 Jahrhundert wurden die Germanen weithin als „Volk“ verstanden, das Volkstum wurde an der Sprachentwicklung wie der Lautverschiebung festgemacht. Diese Identifizierung führte zu der These, dass die in der antiken Überlieferung genannten westgermanischen Stämme nach modernen sprachlichen Kriterien im wesentlichen Kelten gewesen seien. Auch der archäologische Germanenbegriff ging vom sprachwissenschaftlichen Germanenbegriff aus: Weil sich der „Volksgeist“ auch in seinen materiellen Schöpfungen ausdrücke, wurden archäologische Fundtypen beständigen Kulturgruppen dann zugeordnet, wenn eine durchgehende Besiedlung nachgewiesen werden konnte und diese mit den antiken Quellen vereinbar war. So setzte der archäologische Germanenbegriff den sprachwissenschaftlichen voraus und dieser den in der antiken Literatur. Der antike Germanenbegriff umfasste schon aus geografischer Unkenntnis heraus den skandinavischen Raum nicht, schloss aber die im Ostseeraum siedelnden Suebenstämme ein. Er wurde in der Zeit des Humanismus beherrschend. Der humanistische Germanenbegriff wurde im 19. Jahrhundert mit dem romantischen Volksbegriff zusammengebracht und fand über die „Volksgeistlehre“ Eingang in die Germanenideologie. Dieser einheitliche Germanenbegriff ist heute in verschiedene Germanenbegriffe aufgelöst. Dafür gibt es mehrere Ursachen: Zum einen ist die Identifizierung von archäologischen Fundtypen mit einheitlichen Volksgruppen nicht mehr aufrecht zu erhalten. Auch der durchaus berechtigte Sprachstammbaum rechtfertigt nicht eine wesensmäßige Einheit „germanischer Völker“. Die den unterschiedlichen Fachrichtungen (Archäologie, historische Forschung, Linguistik) eigentümlichen Germanenbegriffe sind nicht mehr deckungsgleich. Wenn auf der einen Seite die Fundtypen keinen Völkern zugeordnet werden können, die historischen Germanen nicht eine Sprachfamilie bilden und diejenigen, welche germanische Sprachen redeten, nicht unbedingt Germanen sind, dann handeln die Einzelwissenschaften nicht mehr von einem identischen Gegenstand „Germanen“. Ein besonderes Beispiel ist, dass das einzige Volk, das sich nach antiker Überlieferung selbst als Germanen bezeichnete, nämlich die caesarischen Germani cisrhenani, nach heutiger Erkenntnis keine Germanen, sondern keltisch assimilierte Belger waren. Der in dem einen wissenschaftlichen Bereich vorherrschende Germanenbegriff gilt nicht notwendig in einem anderen. Die Skandinavier sind nur im Bereich der Germanischen Philologie Germanen, die Vertreter der Jastorfkultur nur bei den Prähistorikern und die historischen Franken ihrem eigenen Verständnis nach gar keine Germanen. So wurde der Germanenbegriff auf Zeiträume übertragen, in denen es ein germanisches Identitätsbewusstsein nicht gab. In der Reaktion gegen den Gedanken einer Substanz des Germanentums, die in einer geschichtsbiologistischen Ideologie gipfelte, wurde nunmehr das ethnische Selbstbewusstsein zum Kern des Volks- oder Stammesbegriffs. Diese Sichtweise wird auch dem häufig zu beobachtenden Wechsel in der Zuordnung der Stämme, der geringen Beständigkeit der Stämme und Stammesgesellschaften sowie ihren Wanderungen eher gerecht. Der Charakter der Stämme reduziert sich damit auf Abstammungsgemeinschaften, die sich in Traditionskernen und genealogischen Überlieferungen niederschlagen. Diese Unterschiede im Germanenbegriff sind noch Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion. Die frühgermanischen Kulturen Für die Forschung zur frühen Entwicklung der germanischen Stämme werden archäologische, linguistische und historische Erkenntnisse genutzt. Für die Zeit vor 100 v. Chr. existieren nur wenige historische Zeugnisse. Konsequenterweise kann von Germanen auch erst ab dieser Zeit die Rede sein. Archäologische Untersuchungen Die Archäologie kann von sich aus die Frage, was unter dem Begriff Germanen zu verstehen ist, nicht beantworten. Sie stellt Kulturgruppen fest, die einander mehr gleichen als den Nachbarn, muss aber für ihre Einordnung auf die historische Namensgebung zurückgreifen. Die Fundgruppen weisen Beziehungen zu historischen Stämmen auf, decken sich aber nicht mit diesen. Eine indogermanische Ethnizität früher nord- und mitteleuropäischer Kulturen wie der Ackerbau betreibenden Trichterbecherkultur ab ca. 4000 v. Chr., die zwischen (ca. 3500–2800 v. Chr.), zu einer Megalithkultur wurde, gilt als nahezu ausgeschlossen. Die Identität der so genannten Streitaxtleute (ca. 2800–2200 v. Chr.; auch Schnurkeramiker genannt) mit den frühen germanischen Kulturen bzw. ihren west-indogermanischen Vorfahren ist umstritten, insbesondere weil sich hier linguistische und archäologische Begriffe überlagern. Am ehesten waren die Träger dieser Kultur jedoch die Vorfahren mehrerer Zweige der indogermanischen Völker, darunter auch der frühgermanischen. Die Zugehörigkeit der vorgermanischen Kulturen zum Nordischen Kreis (Nordische Bronzezeit, ca. 1800–500 v. Chr.) gilt als relativ sicher. Der Norden der Mark Brandenburg lässt sich dieser Kultur zuordnen, Südbrandenburg, Sachsen und Polen dagegen der Lausitzer Kultur, von einigen Autoren als slawisch angesehen. Die daran anschließende Ausbreitung der Jastorfkultur scheint die Expansion einer frühen germanischen Kultur und ihre Vermischung mit der einheimischen Bevölkerung widerzuspiegeln; z. B. geht die im Nordwesten Deutschlands gelegene früheisenzeitliche Nienburger Kultur in der Jastorfkultur auf. Da eine Einwanderung in das Gebiet des Nordischen Kreises seit der Bronzezeit nicht nachweisbar ist, wird angenommen, dass dort bereits zu dieser Zeit (zumindest teilweise) germanisch gesprochen wurde. Nebenbei – eine Abwanderung in der Eisenzeit ist nachgewiesen. Die Gruppierungen zwischen Nordsee und Weichsel waren Bauernkulturen der Urnenfelderkultur mit oft großen Friedhöfen. Nördlich des keltischen Gebiets der oppida lassen sich archäologisch mehrere frühgermanische Gruppen unterscheiden: im Westen die Harpstedter Gruppe – deren charakteristisches Merkmal die auch als Urnen genutzten Rauhtöpfe sind. in der Mitte die Jastorfer Gruppe die pomerellische oder pommersche Gesichtsurnengruppe im östlichen Gebiet – benannt nach ihren Urnen mit einem Gesichtsrelief Obwohl in den Stammessagen germanischer Völker oft Skandinavien als mythische Urheimat angegeben wird, lässt sich eine entsprechende von Skandinavien ausgehende Siedlungsbewegung archäologisch nicht nachweisen (zu den Herkunftsgeschichten siehe auch Origo gentis). Nach ihrem Herkunftsmythos – von Jordanes in der Getica niedergeschrieben – entstammen beispielsweise die Goten der Insel Scandza. Noch nach der älteren Forschung verließen die Goten um das Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr. ihre vorgebliche Heimat in Südschweden und/oder auf der Insel Gotland (da „Scandza“ eben nicht genau zu lokalisieren ist). Sie zogen über das Meer und ließen sich auf dem Gebiet des heutigen Polen nieder. Archäologisch lässt sich jedoch eine Herkunft aus Schweden oder Gotland nicht bestätigen und in der neueren Forschung wird von dieser These Abstand genommen. Möglich ist auch eine Bildung der Goten als polyethnischer Verband erst auf dem Boden des heutigen Polen. Es wird als Zentrum der frühgermanischen Kulturen das Gebiet des heutigen Dänemark sowie Südschweden und Norddeutschland angenommen. Von hier aus haben sie sich seit Mitte/Ende des 2. Jahrtausends v. Chr. vor allem nach Süden und Südosten ausgebreitet. Begründet wird diese Hypothese: mit dem Fehlen einer frühgermanischen Schicht an Toponymen (Ortsnamen) in diesem Gebiet mit der archäologisch nachweisbaren Ausbreitung typisch germanischer Funde im späten 2. und im 1. Jahrtausend v. Chr. in Richtung Süden Der Schwerpunkt germanisch einzuordnender Gewässer- und Ortsbezeichnungen weist jedoch nach dem Onomastiker Prof. Jürgen Udolph in den südniedersächsischen Raum, an den Nordrand der deutschen Mittelgebirge. Diese noch junge Hypothese hat in letzter Zeit an Zustimmung gewonnen, wird aber von der Mehrheit der Wissenschaftler (bislang) nicht geteilt. Die 1920 entwickelte „siedlungsarchäologische Methode“ Gustaf Kossinnas zur Suche nach frühgeschichtlichen germanischen Ethnien der Kupfer- und Bronze- und frühen Eisenzeit wurde – durch ihre Gleichsetzung von archäologischer Kultur und Ethnie – von den Nationalsozialisten missbraucht und hält wissenschaftlicher Kritik nicht stand. Die moderne Siedlungsarchäologie versucht heutzutage unter anderen Grundannahmen, archäologische und linguistische Befunde der prähistorischen Zeit zu einem widerspruchslosen Gesamtbild zusammenzuführen. Die frühe germanische Sprache Die germanischen Sprachen zählen zur indogermanischen Sprachfamilie. Die Sprachwissenschaftler des 19. und 20. Jahrhunderts gingen davon aus, dass sich die germanische Sprache ca. 500 v. Chr. durch die germanische Lautverschiebung (siehe Grimmsches Gesetz und Vernersches Gesetz) von anderen indogermanischen Kentumsprachen löste. Zwei Beispiele für die Verschiebung: lat. pater → dt. Vater bzw. lat. kentum → dt. hundert. Zur Zeit wird diese Datierung sowie die Abfolge der verschiedenen Lautwandelprozesse jedoch hinterfragt. Auch die Unterteilung in Kentum- und Satem-Sprachen entspricht nicht mehr der aktuellen Systematik. Heutzutage geht man davon aus, dass das frühe Germanische mit den Vorläufern der baltischen und slawischen Sprachen eine Dialektgruppe innerhalb der indogermanischen Sprachen bildet. Die germanischen Sprachen lösten sich dann aus dieser Gruppe, wobei sie vielleicht von uralischen Sprachen beeinflusst wurden. Lebensweise der Germanen Generalisierende Beschreibungen über die soziale, wirtschaftliche und politische Struktur sind notwendigerweise undifferenziert und der sehr komplexen Wirklichkeit kaum angemessen. Sie speisen sich meist aus den Texten Caesars und der Germania des Tacitus, die jedoch in die Zeit und in den Kontext der Absichten der Verfasser zu stellen sind. Aber einige Züge haben in der Wissenschaft eine allgemeine Anerkennung gefunden. Dies ist für die folgenden Ausführungen zu beachten. Siedlung Die Germanen wohnten in verhältnismäßig kleinen Siedlungen. Aus den Bestattungsplätzen der Germanen schließen Archäologen, dass die Größe von Siedlungen bei etwa zweihundert Menschen lag. Die Siedlungen entwickelten sich selten planmäßig: Dort, wo bereits ein Germane siedelte, kamen bald weitere hinzu. Ein Erbe dieser Siedlungsweise sind bis heute die so genannten Haufendörfer in Deutschland und anderen Ländern des germanischen Kulturkreises. Häufig wurden die Dörfer von einer Art Zaun, selten durch eine richtige Palisade umgeben. Nur in den Grenzregionen zum Römischen Reich wurden mit Beginn der Feindseligkeiten und gegenseitigen Übergriffe die Dörfer mit Wällen oder Palisaden geschützt und bewacht. Aus Ausgrabungen ist bekannt, dass die Germanen in Holzhäusern in Skelettbauweise wohnten. Da im Gegensatz zu Steinhäusern das Holz mit der Zeit verrottet, geben lediglich die archäologisch nachweisbaren Pfostenlöcher einen Aufschluss über den genauen Aufbau der Häuser. Die verbreitetste Art war das dreischiffige Langhaus, 6–8 m breit und oft mehr als doppelt so lang, in Einzelfällen über 60 m. Unter seinem Dach beherbergte es sowohl die Familie als auch alle Halbfreien und Sklaven sowie die Tiere, die lediglich durch eine Wand getrennt waren. Dies hatte vor allem den Vorteil, dass die Tiere dazu beitrugen, das Haus in den kalten Wintermonaten mitzuheizen. Der Wohnraum besaß keine weiteren Trennwände, in seiner Mitte befand sich eine Feuerstelle. Der Rauch konnte über eine Öffnung im Dach abziehen. Fenster besaßen die germanischen Häuser wohl nicht. Obwohl die wichtigste Bestattungsmethode zur Zeitenwende die Verbrennung mit anschließender Urnenbestattung war, sind auch zahlreiche Moorleichen bekannt, die mit sehr unterschiedlichen Todesumständen verknüpft sind. Ab etwa 300 nimmt der Anteil der Körpergräber stark zu, wenn auch die Verbrennung bei einigen Stämmen weiterhin üblich bleibt. Gesellschaft Prinzipien Das Volk war in die Stände Freie, Halbfreie (Knechte) und Rechtlose (Kriegsgefangene, Sklaven) gegliedert. Zu bestimmten Zeitpunkten fanden die Versammlungen der freien Männer (Volksthing) statt, bei denen wichtige Entscheidungen besprochen und getroffen wurden, so z. B. die Wahl des Königs. König und Gaufürsten hatten beim Volksthing nur das Vorschlagsrecht. Die Gesellschaft war patriarchalisch organisiert und die Hausgemeinschaft hatte eine besondere Stellung in ihr. Die Macht des Königs reichte nur bis zum Hausherrn, aber alle im Haus Lebenden unterstanden diesem, wobei die Aufsicht der Sippe einen Schutz vor Willkür bot. Nach Tacitus war die Einehe verbreitet. Damit bildeten die Germanen eine Ausnahme unter den barbarischen Stämmen der Antike. Entwicklung Grabfunde weisen auf eine zunehmende soziale Differenzierung in den ersten Jahrhunderten n. Chr. hin. Angehörige der Adelsschicht wurden zunehmend unverbrannt mit reichen Beigaben bestattet, während sonst die Urnenbestattung weiterhin üblich blieb. Die Aristokratien beruhten auf Gefolgschaft und überdauerten politische Bündnisse und Heerkönige. Die halbnomadische Lebensweise ließ ein stabiles Königtum nicht zu. Im Laufe der Zeit bildete sich bei den germanischen Stämmen eine aristokratische Führungsschicht heraus – erkennbar auch an den sich verbreitenden Erdbestattungen mit Grabbeilagen – und die Kultgemeinschaften der früheren Kaiserzeit wurden durch Gefolgschaftsverbände abgelöst, die mehrere Stämme umfassen konnten. Der Aristokratie entstammten die Heerkönige, deren Herrschaft oft auf die einzelne Person beschränkt blieb. Es handelte sich um die faktische Stellung durch Leistung und selbsterrungener Macht. Es gab im Osten auch geteiltes Königtum, entweder bei mehreren Stämmen im Gesamtverband, oder neben dem politischen ein sakrales Königtum. Ein monarchisches Königtum bildete sich erst im frühen Mittelalter mit der Entstehung germanischer Königreiche heraus. Die erste Erwähnung eines Königs Maelo für die Sugambrer bei Augustus gilt als unsicher. Der erste historisch bekannte Heerkönig germanischer Völker ist Ariovist. Seine Herrschaft war nicht auf einen einzelnen Stamm beschränkt. Zur Zeitenwende bildeten bereits die Sueben einen Großverband, der so auch von Tacitus beschrieben wurde. Über die mit der germanischen Großstammbildung verbundenen sozialen Konflikte ist wenig bekannt und der Gegensatz von Arminius und Marbod kann hier lediglich als ein Beispiel dienen: Arminius und Marbod Der Cherusker Arminius (†21 n. Chr.) und der Markomanne Marbod (†36 n. Chr.) waren beide adliger Abstammung und verfolgten in Bezug auf Rom die gleichen Ziele – die Unabhängigkeit ihrer Stämme. Beide hatten die römische Kultur intensiv kennengelernt. Marbod war einige Jahre in Rom und stand in der Gunst Augustus. Nach seiner Rückkehr wurde er Stammesführer der Markomannen. Arminius und sein Bruder Flavus standen als Befehlshaber cheruskischer Einheiten in römischen Diensten und besaßen das römische Bürgerrecht. Arminius besaß den römischen Ritterstand; die Cherusker hatten sich freiwillig den Römern unterworfen. In der folgenden Zeit spaltete der Konflikt mit den Römern auch die cheruskische Führungsschicht. Arminius heiratete Thusnelda gegen den Willen ihres Vaters Segestes. Es kam zu gegenseitigen Belagerungen. Segestes paktierte mit Varus und Germanicus, Arminius' Onkel namens „Inguimer“ mit Marbod. Für beide Heerführer war die adlige Abstammung notwendige Voraussetzung für den Aufstieg zum Heerkönig, jedoch allein nicht ausreichend. In der gegebenen historischen Situation waren auch militärische Erfolge gegen die Römer erforderlich und beide besaßen die nötige Kenntnis römischer Militärorganisation. Arminius errang den militärischen Erfolg 9 n. Chr. durch einen Sieg über die drei römischen Legionen des Varus und konnte sich auch gegenüber den Angriffen des Germanicus 14–16 n. Chr. behaupten. Auch Marbod verfügte über ein Heer von vermutlich 70000 Fußsoldaten und 4000 Reitern gegen das Tiberius 6 n. Chr. zwölf Legionen aufbot. Lediglich ein pannonischer Aufstand verhinderte die direkte Konfrontation. Nach Verhandlungen wurden ein Frieden „unter gleichen Bedingungen“ geschlossen, der das militärische Prestige Marbods ungemein stärkte. Vor allem Arminius konnte nach Ende der römischen Bedrohung die monarchische Gewalt nur aufrechterhalten, wenn er gegen Marbod kämpfte. Im Jahre 17 n. Chr. kam es zur Schlacht, Marbod zog sich zurück, verlor sein militärisches Prestige, zwei Jahre später sein Königreich durch Katwalda und musste bei den alten Feinden um Asyl bitten. Dass es kein Konflikt zwischen Stämmen war, zeigt auch, dass Inguimer auf der Seite Marbods kämpfte. Arminius schließlich, dessen Macht zu groß wurde, brachten seine eigenen Verwandten um. Wirtschaft Die Germanen waren hauptsächlich sesshafte Bauern und gingen, im Gegensatz zu einer weit verbreiteten Vorstellung, nur selten zur Jagd. Sie waren vor allem Selbstversorger. Aber neben der Landwirtschaft gab es auch Handwerker wie Schmiede, Töpfer und Tischler. Das Rad war bereits seit indoeuropäischer Zeit bekannt. Es gab in den germanischen Dialekten sogar zwei Wörter dafür. Geld kannten die Germanen nicht, ihr Handel beschränkte sich auf reine Naturalienwirtschaft. Hauptwertgegenstand war wie bei den Römern das Vieh. Davon zeugt bis heute die Bedeutung des englischen Wortes fee = Gebühr (ursprünglich eben: Vieh!). Unter den Feldfrüchten kam der Gerste eine besondere Rolle zu. Verschiedene Weizenarten, Roggen, Hafer und Hirse kamen – regional unterschiedlich – hinzu. Vor allem im Nordseeküstengebiet wurde die Ackerbohne angebaut. Ansonsten auch die Erbse, der Flachs und etwas Hanf. Gartenbau wurde ebenso betrieben; Obstbau wahrscheinlich nicht. Auch Wildfrüchte wurden gesammelt, zum Beispiel Eicheln [27], verschiedene Beeren (Brombeeren, Himbeeren, Wald-Erdbeeren) Schlehen und Wildkräuter wie Spörgel, der in den Mägen einiger germanischer Moorleichen nachgewiesen werden konnte. Bienenhonig wurde von wildlebenden oder eingefangenen Wildbienen-Völkern gesammelt, [28] Bienenzucht im heutigen Sinne gab es noch nicht. Gezüchtet wurden hauptsächlich Rinder, ebenso Schafe, Schweine, Ziegen und Geflügel sowie Pferde, Hund und Katze. Ebenfalls wussten die Germanen, wie Käse zubereitet wird. Die germanische Sprachen kannten ein eigenes Wort für Weichkäse, das in den skandinavischen Sprachen im Wort „Ust“ bzw. „Ost“ (= Käse) fortlebt. Für Hartkäse entlehnten sie das lateinische Wort caseus (= Käse). Der einfache Pflug war lange bekannt, vereinzelt wurde auch ein Scharpflug genutzt. Ebenso war die Egge bekannt, sowie der Spaten, die Hacke, die Harke, die Sichel und die Sense. Die Äcker ließen sie regelmäßig brach liegen, und sie wussten um den Nutzen der Düngung. Getreide wurde hauptsächlich in Form von Brei gegessen, Brot konnte sich bis ins Mittelalter nur die Oberschicht leisten. Die ländlichen Siedlungen waren ebenso der Raum handwerklicher Tätigkeiten. Die Verarbeitung von Leder oblag den Männern, während Textilien (Spinnen und Weben) von Frauen produziert wurden. Spezialisierte Personen – die immer auch noch Bauern waren – waren als Zimmerer, Tischler, Drechsler oder Schnitzer tätig. Ebenso wurde Eisen, Buntmetall, Bein sowie Ton verarbeitet. Überörtliche Manufakturen bzw. Handwerksbetriebe waren selten. Es gibt keine Hinweise auf ein ausgebautes Straßennetz, Warenverkehr auf Rädern oder mit Schiffen. Jedoch sind römische Luxusgüter überall auf germanischem Gebiet zu finden. Umgekehrt wurden vermutlich Bernstein, Pelze und von Römerinnen sehr geschätztes blondes Frauenhaar exportiert. Römisches Geld war in Besitz von vielen, diente jedoch nicht dem Geldverkehr. Eine eigene Münzprägung ist erst aus nachantiker Zeit bekannt. Nach neuesten Erkenntnissen soll sich in der Nähe des heutigen Berlin bereits eine Art Hütten-„Industrie“ entwickelt haben. Der dort hergestellte Stahl soll von hoher Qualität gewesen und vor allem in das Römische Reich exportiert worden sein. Auch der Schiffbau (Hjortspringboot, Nydam-Schiff) war bereits hoch entwickelt. Die Produktivität war wesentlich geringer als bei den Römern. Es gab Hungersnöte und viele Germanen litten an Unternährung, was zu einer deutlich verringerten Lebenserwartung führte. Der Gesundheitszustand der Germanen war oft schlecht; Gelenkerkrankungen und Bandscheibenschäden waren verbreitet. Religion, Mythologie und Christentum Germanische Religion Die Religion der Germanen ist insgesamt betrachtet, über die Zeit- und Kulturräume der einzelnen germanischen Völker und Stammesgruppen hinweg, eine dezentral auf lokale Kultzentren bezogene Religion. Die religionswissenschaftliche Klassifizierung in nordgermanischen, südgermanischen und gesonderten angelsächsischen Kultus erschließt sich aus der allgemeinen Quellenlage der schriftlichen und archäologischen Zeugnisse und den historischen Entwicklungen und Ereignissen. Der religiöse Kult und der damit verbundene Ritus war nie konstant, sondern muss immer auch unter den gesamtpolitisch-kulturellen Verhältnissen betrachtet werden, welchen die einzelnen Gruppen ausgesetzt waren und welchen die jeweiligen Zeugnisse zugeordnet sind. Grundsätzlich prägend für die germanische Geschichte – und folglich auch für die germanische Religionskultur – war der Übergang von der Jagdgesellschaft zur agrarisch bäuerlichen Kultur und der Übertritt zur christlichen Religion. In der ca. 2000-jährigen Periode, zwischen diesen epochalen Zäsuren, war die germanische Religion als solche mit ihren regionalen Unterschieden in ihren Grundzügen relativ homogen. Der Zusammenhalt der germanischen Stämme wurde vor allem durch gemeinsamen Götterkult und Opferhandlungen begründet. Teilweise kamen auch verschiedene Stämme zu gemeinsamen Riten zusammen und bekräftigten so ihr Bündnis. Allgemein waren die religiösen Handlungen der germanischen Kulturen jedoch sehr vielfältig. Unter den Göttern sind Odin (Wodan), Thor (Donar) und Freyja die bekanntesten Namen, die sich auch in unseren heutigen Wochentagsnamen widerspiegeln. Tempelbauten wie bei den Römern sind nicht bekannt. Die Götter wurden auf Waldlichtungen, in heiligen Hainen und an heiligen Gewässern bzw. Mooren verehrt – teilweise mit Menschen- und Tieropfern. Auch Waffen und andere militärischen Ausrüstung (vermutlich von besiegten Feinden) wurden an Seen geopfert. Entsprechend den weiblichen Gottheiten gab es Priesterinnen und Seherinnen. Christianisierung Eine monographische Gesamtdarstellung der Christianisierungsgeschichte der Germanen fehlt bisher. Diese Geschichte muss in drei großen, in Raum und Zeit unterschiedlichen Verläufen gesehen werden: die Verbreitung des gotischen arianischen Christentums im 4. bis 6. Jahrhundert die Christianisierung des fränkischen Reiches vom Ende des 5. bis zum frühen 9. Jahrhundert und die der Angelsachsen vom Ende des 6. bis zum 7. Jahrhundert die Christianisierung des Nordens Europas im 10. und 11. Jahrhundert Die Goten waren die ersten, die an der unteren Donau und auf der Krim mit dem Christentum in Form des Arianismus in Berührung kamen. Die abwertende Fremdbezeichnung arianisch – nach dem alexandrischen Presbyter Arius († 336) – bezeichnet eine um 350 entstandene Position, die in den Streitigkeiten um die Trinitätslehre vermitteln sollte und die in der römischen Staatskirche zeitweilig (im Ostteil des Reiches bis 378) offizielle Geltung besaß. So wurde sie einerseits von den reichsansässigen sogenannten Kleingoten Wulfilas, für den allerdings Jesus Christus im Widerspruch zu der Lehre des reinen Arianismus „Gott und Herr“ war, und auch von den Terwingen (Westgoten) aufgenommen. Kurz vor dem Hunneneinfall im Jahre 375 wurde bei den Terwingen noch mit römischer Unterstützung eine rudimentäre kirchliche Organisation aufgebaut. Wulfila wurde einer der ersten Bischöfe der Westgoten. In einem ähnlichen Kontext ist auch die Wulfilabibel zu sehen. Im Gegensatz zu westlichen Kirche, die den Gottesdienst an die lateinische Sprache band, war die östliche Kirche bereit, die Volkssprache in der Liturgie zu verwenden. Das gotische Christentum ist auch als eine Nationalkirche und christliche Nationalkultur des Ostens zu sehen. Die Übersetzung der Bibel ins Gotische ist nicht gleichzusetzen mit mittelalterlichen Übersetzungen biblischer Texte, die der Erbauung und Unterweisung dienten. Die gotische Bibel war ein liturgisches Buch, dessen Sprache eng mit der Vorlage verbunden blieb. Ein im Westen provokantes Merkmal des östlichen Ursprungs der gotischen arianischen Kirche war die erneute Taufe übertretender nichtarianischer Christen. Die Verdrängung der heidnischen Religion wurde auch als Bedrohung der sozialen Ordnung gesehen und es kam 350 bzw. 370 zu Christenverfolgungen. Mit der Westwanderung christianisierter Germanen (Goten, Vandalen, Burgunden, Langobarden) und den Reichsgründungen verbreitete sich der Arianismus auch in der – ansonsten katholischen – westlichen Hälfte des römischen Reiches. Jedoch wurden längst nicht alle Germanen christianisiert, sodass mit dem Zusammenbruch des römischen Reiches auch die Verbreitung des Christentums einen Rückschlag erlitt. Das Frankenreich wurde von dem kulturellen Überlagerungsbereich zwischen Rhein und Loire aus christianisiert. Bereits Chlodwig I. hatte sich taufen lassen, um sich den Einfluss auf die katholische Kirche zu sichern. Ab dem 7. Jahrhundert griff die Christianiserung auch auf die Randzonen und Nachbarländer des Fränkischen Reiches über und fand ihren Abschluss mit der Eroberung und Eingliederung der Friesen und Sachsen. Ab dem Ende des 7. Jahrhunderts waren auch angelsächsische Kräfte an der Mission beteiligt. Die Missionierung des angelsächsischen Englands ging mit unterschiedlichen Traditionen vom Kontinent und von Irland aus. Die Christianisierung des Nordens erfolgte durch deutsche und englische Kräfte und hatte entscheidenden Anteil an der Ausbildung der Königsmacht ab dem Ende der Wikingerzeit. Die Missionierung setzte bei den politischen Führungsspitzen an. Für diese ergaben sich durch die Annahme des Christentums neue Möglichkeiten der religiösen Legitimierung, die sich voll ausgebildet zuerst im Westgotenreich in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts in Form der Königssalbung zeigen. Die neuartige Verbindung königlicher Kirchenherrschaft führte zur räumlichen Abgrenzung der kirchlichen Bezirke durch politische Herrschaft und trug zur spätrömischen Partikularisierung der westlichen Kirche bei. Diese Entwicklung wurde ab dem letzten Drittel des 7. Jahrhunderts u.a. durch das „Leitbild der romorientierten Partikularkirche“ umgekehrt. Die Religion der Germanen galt für die christliche Mission wie auch vorher schon die hellenistisch-römischen Religionen als dämonische Verblendung, die die Menschen hinderte, zu ihrer gottgegebenen Bestimmung zu finden. Die Missionierung verfolgte einerseits das Ziel der Integration des ganzen politischen Verbandes in die heilsanstaltliche Kirchorganisation und andererseits die Beseitigung der heidnischen Kulte. Massenhaft vollzogene Taufungen ohne ausreichende Vorbereitung dienten der Aufnahme in die Kirche und die christliche Religion ersetzte als neuer einzuhaltender Kult den alten. In der Karolingerzeit wurde die dem Taufgelöbnis vorangehende Absage an den Teufel um das Abschwören der heidnischen Götter und Kulte erweitert. Im Lex Saxonum Karls des Großen wurden bestimmte heidnische Bräuche (Hexenverbrennung, Leichenverbrennung, Menschenopfer u.a.) mit der Todesstrafe bedroht. Private heidnische Kultausübung wurde mit Geldstrafen belegt. Der Alleingeltungsanspruch wurde zuerst im öffentlichen Raum durchgesetzt und die politisch-sozialen Funktionen der heidnischen Kulte übernommen. Diese funktionale Kontinuität hatte auch Auswirkungen auf die Entwicklung des Christentums. In der Forschung wird in diesem Zusammenhang aktuell der Begriff der Germanisierung des Christentums diskutiert. Darstellende Kunst Die germanische Kulturwelt war arm an Bildern. Erst ab dem 5. Jahrhundert n. Chr. wurden Szenen und Gestalten der Mythologie auf goldenen Schmuckscheiben abgebildet. In der jüngeren Kaiserzeit wurden von römischen Vorbildern nach Tierformen gestaltete Fibeln übernommen. Besonders beliebt waren Eber und Hirsch. Bronzene vollplastische Rinderfiguren waren ebenso bekannt, wenn auch selten. Über die Holzschnitzerei kann natürlich wenig gesagt werden. Die Nachahmungen römischer Tierbilder wurden mit der Zeit zu einer eigenständigen germanischen Tierornamentik weiterentwickelt. Entwicklung der Schrift Erste eigene schriftliche Überlieferungen der Germanen setzen um 200 n. Chr. mit den ältesten urnordischen Runeninschriften ein. Die Runen wurden hauptsächlich als magische Zeichen benutzt. Längere Schriften sind selten, häufig wurden Runen in Waffen (Lanzenspitzen, Schwerter) oder Fibeln geritzt. Das einzig zusammenhängende schriftlich erhaltene Werk vor dem Ende der Völkerwanderung ist die Wulfilabibel aus dem 4. Jahrhundert. Da die Goten keine eigene Schrift besaßen, entwickelte Wulfila ein Alphabet, das sich aus griechischen, lateinischen und runischen Schriftzeichen zusammensetze. Siehe auch: Samnordisk runtextdatabas Die germanischen Stämme Bedeutung der Stämme Wesentliches Element der politischen und gesellschaftlichen Ordnung auf germanischem Gebiet waren die Stämme. Ein Stamm verfügte als Siedlungsgemeinschaft über ein bestimmtes Siedlungsgebiet, auf dem auch Angehörige anderer ethnischer Gruppierungen leben konnten, wie beispielsweise in eroberten Gebieten. Der Stamm besaß eine einheitliche politische Führung und stellte eine Rechtegemeinschaft dar. Ebenso gab es natürlich eine gemeinsame Sprache, religiöse Riten und ein Identitätsbewusstsein, dessen deutlichster Ausdruck ein Mythos der gemeinsamen Abstammung war. Tatsächlich waren jedoch auch Stämme keine einheitlichen und stabilen Gebilde, sondern immer von Durchmischung, Neubildung, Abwanderung, Untergang und dergleichen betroffen. Erstmals detaillierte Beschreibungen der Germanen finden sich bei Tacitus. Er beschreibt eine recht einheitliche germanische Kultur auf einem Gebiet ungefähr vom Rhein im Westen bis zur Weichsel im Osten und von der Nordsee im Norden bis zu Donau und Moldau im Süden. Hinzu kommen die – von Tacitus nicht beschriebenen – germanischen Siedlungsgebiete in Skandinavien. Tacitus legt dar, dass sich die germanischen Stämme in drei Gruppen gliedern und dass es zahlreiche Stämme gibt, die nicht in diese Gliederung passen. Nach Tacitus unterscheiden sich die einzelnen Stämme nach ihren Kultorten. Die germanischen Stämme zur Zeitenwende waren also vermutlich vor allem Kultgemeinschaften. Dieser Unterteilung lassen sich auch archäologischen Gruppierungen zuordnen. Seit dem 2. Jahrhundert traten Großstämme als bedeutendste Akteure in der germanischen Welt auf. Sie wurden aggressive Gegner des römischen Imperiums und Träger der Völkerwanderungsreiche. Sie verflochten sich in unterschiedlicher Weise mit der mediterranen Hochkultur und beendeten die relative Einheit der Germanen zu Gunsten gesonderter Entwicklungen. Der Germanenname verschwand aus den antiken Quellen und wurde durch die Namen der Großstämme mit eigenen Traditionen ersetzt. Sie bestimmten das Geschehen der Völkerwanderungszeit und bildeten die Grundlage der europäischen Völker- und Nationalstaatengeschichte. Die diesen Vorgang analysierenden Untersuchungen von Wenskus stellen den heutigen Forschungsstand zu diesem Thema dar. Es handelte sich um einen aus Bündnissen entstehenden Konzentrationsprozess, der politische und militärische Durchschlagskraft zum Ziel hatte. Gleichzeitig setzte eine zunehmende Differenzierung der sozialen Schichtung ein. Herrschaftsbildung auf personaler Grundlage, Land-, Menschen- und Beutegewinn auf der einen Seite und Instabilität der Ergebnisse auf der anderen Seite war auf engen Austausch mit imperialen und kulturellen Gegebenheiten im römischen Machtbereich angewiesen. Tiefgreifende politische und soziale Veränderungen waren Voraussetzung für stabile politische Formen. Dabei ist ein fundamentaler Unterschied zwischen den Großstämmen des Westens (Franken, Alamannen) und den gentes des Ostens (Goten, Vandalen, Heruler, Gepiden) festzustellen. Die Großstämme des Westens sind erst im 3. Jahrhundert bezeugt, während sich die gentes des Ostens zunächst der antiken Wahrnehmung entzogen. Deren Wanderungsverbände bildeten sich nicht an der Peripherie des Reiches, sondern weit im Hinterland. Die Grenznachbarn des römischen Reiches wurden dann auf diesen Zügen integriert. Stämme zur Zeitenwende Die Siedlungsgebiete der Germanen im ersten Jahrhundert (siehe Karte) lassen sich unterteilen in (keine vollständige Auflistung): Nordseegermanen Die Nordseegermanen (bei Tacitus Ingaevonen) – Angeln, Chauken, Friesen, Sachsen, Warnen: Sie bildeten später den Großstamm der Sachsen. Rhein-Weser-Germanen Die Rhein-Weser-Germanen – Angrivarier, Bataver, Brukterer, Chamaven, Chatten, Chattuarier, Cherusker, Sigambrer, Sugambrer, Tenkterer, Ubier, Usipeter: Aus ihnen ging im 3. Jahrhundert der Großstamm der Franken hervor. (siehe auch Nordwestblock) Sueben Siehe Hauptartikel Sueben. Die suebischen (auch swebischen) bzw. elbgermanischen Gruppen – bestehend aus Hermunduren, Langobarden, Markomannen, Quaden, Semnonen und vielleicht (umstritten) die Bastarnen: Aus ihnen ging im 3. Jahrhundert vor allem der Großstamm der Alamannen hervor, dazu bildeten v.a. die Markomannen durch Vermischung mit anderen Stämmen und Volksgruppen den Großstamm der Bayern, die Hermunduren den der Thüringer. Ein Teil der Sueben überquerte zusammen mit Alanen und Vandalen 406 den Rhein (siehe Rheinübergang von 406) und wanderte mit diesen 409 nach Hispanien ein. Dort bildeten sie im Nordwesten das Reich der Sueben, das die Grundlage des späteren Staates Portugal bildete. Die Langobarden, nach denen die Lombardei benannt ist, nahmen ebenfalls andere germanische Gruppen in ihren Stamm auf, gründeten zuerst in Pannonien und 568 nach Eroberung in Italien ein Reich. Nordgermanen Die Nordgermanen bzw. Ostseegermanen auf der jütischen Halbinsel und im südlichen Skandinavien – Ästier, Suionen (Schweden) – Zu den Nordgermanen werden auf Grund sprachlicher Indizien die skandinavischen Stämme gerechnet. Einen Übergangsbereich zu den Nordseegermanen bilden die Angeln und die Jüten. Aus ihnen gingen später die Dänen, die Schweden und die südlichen Norweger hervor. Wie weit die übrigen Norweger und Isländer hinzuzurechnen sind, hängt vom Germanenbegriff ab, wie er im Kapitel Begiffskritik dargestellt ist. (siehe auch: Skandinavier). Archäologisch werden die Nordgermanen in die Ost- und Westnordische Gruppe aufgeteilt. Oder-Warthe-Germanen Die Oder-Warthe-Germanen – Burgunden, Lugier, Vandalen: Archäologisch wird die Przeworsker Kultur (im südlichen Polen) zugeordnet. Weichselgermanen Die Weichselgermanen – Bastarnen, Gepiden, Gotonen, Rugier, Skiren: Archäologisch wird die Wielbark-Kultur (Willenbergkultur) zugeordnet, deren Vorgänger die Oksywie-Kultur (Oxhöftkultur) war. Nachdem die Wielbark-Kultur in den Raum südlich der Ostsee expandierte, hat sie sich nach Südosten verlagert, wo sie in die Cernjachov-Kultur des 2. bis 5. Jahrhunderts übergeht. Diese archäologischen Funde spiegeln sicherlich die Wanderung der Goten wider. Spätantike – Völkerwanderung Die Stämme, unter deren Namen germanischen Völker in der Spätantike bekannt wurden, existierten zur Zeit Tacitus noch nicht oder waren vage Bezeichnungen. Franken, Goten, Burgunden u.a. bildeten sich als Großstämme erst in den Jahrhunderten nach der Zeitenwende heraus. Diese Entwicklung blieb den römischen und griechischen Ethnographen lange verborgen, sodass sich in den historischen Aufzeichnungen kaum Beschreibungen finden. Die Vielfalt von über 40 Stämmen bei Tacitus reduzierte sich auf einige wenige, die in der Antike als „neue“ Völker zu den bisherigen dazugezählt wurden. Als kleinere Verbände oder als Volksgruppen, die sich den Großstämmen anschlossen oder Teilstämme bildeten, wurden noch in der Spätantike u. a. folgende Stammesnamen genannt: Warnen, Angeln, Jüten, Juthungen, Rugier, Heruler. Zu den neugebildeten Großverbänden zählen in der Spätantike u. a. Alamannen, Burgunden, Franken, Goten, Gepiden, Langobarden, Markomannen, Sachsen, Thüringer, Angelsachsen und Vandalen. Anstelle der Markomannen werden ab dem 6. Jahrhundert die Bajuwaren genannt. Alamannen Die Alamannen/Alemannen werden das erste Mal unter den Stämmen erwähnt, die nach 260 das von den Römern aufgegebene rechtsrheinische Dekumatland (Agri decumates) besetzen. Zu diesen Zeitpunkt waren die Alemannen eine Mischung aus Stammesgruppen der Semnonen, Burgundionen, Rätovariern, Brisigaviern u.a. Entsprechend bedeutete der Name ursprünglich „zusammengespülte und vermengte Menschen“. Die Alemannen wurden von den Römern geduldet, da sie den Rhein als Grenze anerkannten. Erst ab der Mitte des 5. Jh. dehnten sie ihr Siedlungsgebiet auch auf linksrheinische Gebiete aus – bis in die Champagne. Damit kam es zum Konflikt mit den Franken und die nördlichen Territorien gingen nach der Schlacht von Zülpich (lat. Tolbiacum) 496 an diese verloren. Im 7. Jh. expandierten die Alemannen in die Nordschweiz. Burgunden Die ostgermanischen Burgunden siedelten zur Zeitenwende nach Plinius im Gebiet zwischen Oder und Weichsel. Ab dem 2. Jh. bewegten sie sich nach Westen und besiedelten die Lausitz und östliche Teile Brandenburgs. Ein Jahrhundert später erreichten Stammesgruppen das Maintal und zu Beginn des 5. Jh. kam es zur ersten Reichsgründung in der Region von Worms und Speyer. Die Burgunden kamen in intensiveren Kontakt mit dem Römischen Reich und traten auch zum Christentum über. Franken Die Franken, bildeten sich aus einem lockeren Kampfverband der Chamaven, Salier, Chattuarier, Ampsivarier, Brukterer und anderen Stammesgruppen. Raubzüge in Gallien werden ab der Mitte des 3. Jh. erwähnt. Im Norden Galliens wurden fränkische Söldner in römischen Diensten angesiedelt. Die salischen Franken erhielten als foederati Siedlungsgebiet in Toxandrien. Diese Besiedlung expandierte und umfasste im 5. Jh. die Region zwischen Lüttich und Tournai. Am Niederrhein gründeten ripuarische Franken ein Fürstentum mit Köln als Zentrum. Goten Die Goten entwickelten sich wahrscheinlich als Stammesverband im Gebiet der Weichselmündung. Dort sind sie jedenfalls zur Zeitenwende belegt. Aussagen über die Herkunft der Goten sind jedoch sehr problematisch: Die von Jordanes überlieferte Stammeslegende, wonach die Goten aus Skandza (Skandinavien oder Gotland) stammen sollen, ist archäologisch nicht zu beweisen, zumal die Goten wohl polyethnisch zusammengesetzt waren. Nach 150 verschob sich ihr Siedlungsraum langsam in Richtung Schwarzes Meer. Langobarden Die Vorfahren der Langobarden siedelten zunächst im Bereich der Niederelbe. Später zogen erste Gruppen entlang der Elbe nach Böhmen und in angrenzende Gebiete. Zur Zeit der Markomannenkriege in der zweiten Hälfte des 2. Jh. gelangten Langobarden über die Donau bis nach Pannonien. Dort schlossen sich ihnen weitere elbgermanische Stammesgruppen an. Ebenso erhielten sie Zuzug von germanischen Populationen aus Thüringen. Bis zur Mitte des 5. Jh. bildeten diese Gruppen ein ethisches Eigenprofil aus und werden 488 erstmals als Langobarden erwähnt. Markomannen Die Markomannen treten erstmals im Heer des Ariovist in Erscheinung. Ihr ursprüngliches Gebiet war am Main, jedoch wanderten sie unter dem Druck der Römer kurz vor der Zeitenwende unter dem Heerführer Marbod nach Böhmen. Dort bildeten sie das Zentrum eines Stämmebundes. In den Markomannenkriegen konnten die Römer die Nordgrenze ihres Reiches nur unter großen Anstrengungen stabilisieren. Auch in den folgenden Jahrhunderten stießen die Markomannen immer wieder nach Süden vor. Im 4. Jh. erwähnte man sie das letzte Mal. Sachsen Die Sachsen waren zunächst ein einzelner Stamm der Nordseegermanen, deren gemeinschaftliche Organisation sich im 2. Jh. zur Stammesgruppe bzw. zum Großstamm erweiterte. Der Name wird zuerst wohl bei dem griechischen Geographen Claudius Ptolemäus in der Mitte des 2. Jh. genannt. Im 5. Jh. teilten sich die Sachsen in die nach England abwandernden Angelsachsen und die auf dem Festland verbleibenden Altsachsen. Ein Jahrhundert später beherrschten die Altsachsen weite Gebiete an der Nordseeküste. Gleichzeitig verstärkte sich im Westen der Druck des Frankenreichs und im Osten der in den Elbraum expandierenden Slawen. Der Konflikt mit dem Frankenreich führte unter Karl dem Großen zu den Sachsenkriegen (772-804). In dieser Zeit waren sie organisatorisch in auch Heerschaften genannten Teilstämme Westfalen, Engern und Ostfalen gegliedert. Nach der Zwangschristianisierung wurde diese Einteilung durch Grafschaften ersetzt. Erst im 13. Jh. wurde das inzwischen weiterentwickelte Stammesrecht „Lex Saxonum“ im „Sachsenspiegel“ niedergeschrieben. Dagegen existiert keine Kontinuität zwischen den „heutigen Sachsen“ im Freistaat und den „historischen Sachsen“, da die heute so genannten Sachsen ursprünglich eine durch Kolonisation und Assimilation entstandene kulturelle Mischbevölkerung hauptsächlich süd-, mitteldeutschen und slawischen Ursprungs waren. Thüringer Nach dem Abzug der Hunnen etablierten die Thüringer ein Königreich, welches 531 n. Chr. von den Franken unterworfen wurde. Nordthüringen (ungefähr das heutige Sachsen-Anhalt links der Elbe) wurde danach teilweise von den Sachsen besiedelt, ebenso wurden Hessen, Schwaben und Friesen angesiedelt. Die vermutlich eher dünn besiedelte Gegend zwischen Saale und Elbe im heutigen Freistaat Sachsen hingegend konnte gegen die eindringenden Slawen nicht gehalten werden. Die slawische Landnahme in diesen Gebieten erfolgt im ausgehenden 6. Jahrhundert. Vandalen Die Vandalen hatten ihr ursprüngliches Siedlungsgebiet in der Region zwischen Oder und Warthe im Bereich der Przeworsker Kultur. Die Stammesgruppe war in die Teilverbände der Hasdingen und der Silingen – die der Region möglicher Weise den Namen „Schlesien“ gaben – gegliedert. Im 2. Jh. migrierten einige Stammesgruppen bis zum Karpatenbogen und in die Theißebene.[45] Kriege und germanische Reichsbildungen Die den Germanen benachbarten keltischen Kulturen hatte der Kontakt mit den Römern an die Schwelle zur Hochkultur geführt, bevor sie erobert und romanisiert wurden. Die Romanisierung war z.T. so umfassend, dass z. B. die keltischen Sprachen auf dem Gebiet des heutigen Frankreichs verschwanden. Die Germanen bildeten keine gemeinsame kulturelle Einheit zu dem Zeitpunkt, als sie die Kelten bzw. Gallier in der Rolle der nördlichen Nachbarn des römischen Reichs beerbten. Sie bewahrten ihre Eigenständigkeit, obwohl es auch zwischen Römern und Germanen einen intensiven Austausch gab. Die Konfrontation mit den Römern verhalf den Germanen zu „germanischer“ Identität. In der Folgezeit gab es unterschiedliche Bestrebungen, an der römischen Kultur teilzuhaben. Oft ging es nur um den Erwerb materieller Güter, die friedlich durch Handel oder Geschenke oder kriegerisch durch Raub und Plünderung angeeignet wurden. Später kam die Teilhabe an der Macht und die Aneignung römischen Territoriums hinzu. Diese Bestrebungen waren von Stamm zu Stamm unterschiedlich, jedoch waren alle germanischen Kulturen bestrebt, ihre ursprüngliche barbarische Existenz hinter sich lassen und eine höhere Stufe der gesellschaftlichen und staatlichen Ordnung zu erreichen. Dies lief in der konkreten historischen Situation auf eine beständige Auseinandersetzung zwischen Römern und Germanen hinaus und sie endete im Westen mit einem Erfolg der Germanen, während der Osten des römischen Reiches diese Bedrohung abwenden konnte. Der Marsch der Kimbern, Teutonen und Ambronen Um 120 v. Chr. brachen Kimbern, Teutonen und Ambronen in Richtung Süden auf. Die Ursache ist nicht eindeutig geklärt: Die historischen Quellen berichten von einer Sturmflut in Jütland, aufgrund derer die Einwohner ihre Heimat verließen. Allerdings vermutet man heute, dass vielmehr Hungersnöte aufgrund klimatischer Veränderungen dafür verantwortlich waren. Um 113 v. Chr. trafen die Germanenstämme auf die Römer. Bei der folgenden Schlacht (auch als „Schlacht bei Noreia“ bezeichnet) entgingen die Römer der völligen Vernichtung ihrer Truppen nur durch ein plötzlich einsetzendes Gewitter, welches die Germanen als ein warnendes Omen (Grollen) ihres Wettergottes Donar deuteten. Um 109 v. Chr., 107 v. Chr. und 105 v. Chr. kam es noch weitere Male zu Kämpfen zwischen den Römern und den Germanen, bei denen die Römer jedes Mal eine Niederlage erlitten. Erst nachdem sich die germanischen Stämme in zwei Gruppen aufgeteilt hatten, gelang es den Römern 102 v. Chr., die Teutonen und Ambronen zu besiegen, 101 v. Chr. die Kimbern. Ariovist und Caesar Der Durchbruch der Kimbern und Teutonen durch das damals noch keltische Mittelgebirge führte zur Erschütterung der keltischen Macht in Mittel- und Süddeutschland, sodass später auch andere Germanen, insbesondere suebische Stämme, in Hessen und das Maingebiet eindringen konnten. Unter ihrem Führer Ariovist ließen sie sich ab 71 v. Chr. teilweise am Oberrhein nieder. Andere Gruppen drangen in Gallien ein, wurden jedoch durch Caesar 58 v. Chr. geschlagen und hinter den Rhein zurückgeworfen. Im 1. Jahrhundert v. Chr. machte die römische Eroberung Galliens durch Caesar die Germanen zu direkten Nachbarn des Römischen Reiches. Dieser Kontakt führte in der darauffolgenden Zeit zu ständigen Konflikten: Immer wieder kam es zu Übergriffen der Germanen auf die Römer. Im Gegenzug führte Caesar in den Jahren 55 und 53 v. Chr. Strafexpeditionen gegen die Germanen durch, bei denen er in spektakulärer Weise eine Rheinbrücke in nur zehn Tagen errichten ließ. Diese Expeditionen hatten vor allem demonstrativen Charakter und führten zu keiner dauerhaften rechtsrheinischen Präsenz der Römer. Caesar erkannte den Rhein als Grenzlinie zwischen Germanen und Römern an. Drusus und Tiberius – Vorstoß bis zur Elbe Auch in der Folgezeit kam die Rheingrenze nicht zur Ruhe. Der römische Kaiser Augustus beschloss deshalb die Verlagerung von Truppen an den Rhein, die bisher in Gallien stationiert waren. Die Rheingrenze blieb dennoch unsicher, woraufhin Augustus seine Taktik änderte: Er beabsichtigte, das Römische Reich bis an die Elbe auszudehnen. Zwischen 12 v. Chr. und 9 v. Chr. führte Drusus, Stiefsohn von Augustus, mehrere Feldzüge gegen die Germanen durch und unterwarf die Friesen, Chauken, Brukterer, Marser und Chatten. Trotz der Feldzüge des Drusus gerieten aber die wenigsten Germanenstämme wirklich in dauerhafte römische Abhängigkeit. Nachdem Drusus beim Rückzug bei einem Sturz von seinem Pferd gestorben war, setzte sein Bruder Tiberius 8 v. Chr. die Feldzüge fort. Im Jahre 4 n. Chr. gelang es ihm, die bis dahin aufständischen Cherusker zu unterwerfen. Die Römer begannen repräsentative römische Städte östlich des späteren Limes zu gründen, beispielsweise im heutigen Waldgirmes in Hessen. Der lateinische Name dieser Siedlung ist so wenig bekannt wie etwa die lateinischen Namen der Kastelle in Haltern, Anreppen oder Marktbreit am Main. Ein letzter großer Feldzug im Jahre 6 n. Chr. sollte das Reich des Markomannenkönigs Marbod in Böhmen zerschlagen. Er war kein Gegner Roms, legte jedoch Wert auf seine Unabhängigkeit. Eine Zerschlagung seines Reiches wäre wahrscheinlich der Schlussstein der römischen Unterwerfung der Germanen gewesen. Von Mogontiacum mainaufwärts und dem Raum Wien Richtung Nordwesten bewegten sich zwei große römische Marschsäulen. Doch die Operation musste wegen eines überraschenden, großen Aufstandes in Pannonien, dem heutigen Ungarn, abgebrochen werden. Die Varusschlacht Nachdem der Widerstand der Germanen gebrochen schien, wurde Publius Quinctilius Varus damit beauftragt, in den Gebieten rechts des Rheins römisches Recht einzuführen und Steuern zu erheben. Als Statthalter war er gleichzeitig Oberbefehlshaber über die rheinischen Legionen. Varus, der sich zuvor in der römischen Provinz Syrien den Ruf eines brutalen und korrupten Verwaltungsfachmanns erworben hatte, brachte die Germanen bald gegen sich auf. Gegner der Besatzung ließ er mit aller Härte des römischen Rechts bestrafen. Die von ihm eingeführten Steuern wurden von den Germanen zudem als zutiefst ungerecht empfunden, da sie eine solche Abgabe nur für Unfreie kannten. Unter diesen Umständen gelang es dem Cheruskerfürst Arminius, der die römischen Bürgerrechte und Ritterwürden besaß, mehrere germanische Stämme zu einen. Arminius nutzte das Vertrauen, das ihm Varus entgegenbrachte aus und lockte diesen in einen Hinterhalt. In der darauffolgenden Schlacht („Varusschlacht“ oder „Schlacht im Teutoburger Wald“ genannt) verloren die Römer drei Legionen (etwa 18.000 Legionäre, plus etwa 2.000 bis 3.000 zusätzliche Truppen). Laut den Überlieferungen des Sueton soll Augustus daraufhin ausgerufen haben: „Quinctili Vare, legiones redde!“ („Quintilius Varus, gib mir die Legionen zurück!“). Der römische Eroberungsversuch scheiterte damit im Jahre 9 n. Chr. Germanien blieb danach bis zur Völkerwanderung von der römischen Kultur wenig beeinflusst. Die Römisch-Germanischen Beziehungen nach der Varusschlacht Unter Germanicus unternahmen die Römer zwischen 14 und 16 n. Chr. weitere Vorstöße über die Rheingrenze hinweg. Ob es sich dabei um Strafexpeditionen oder die Fortsetzung der römischen Expansionspläne handelte, ist umstritten. In den Folgejahren kam es immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Germanen und Römern: Im Jahr 29 schlugen die Römer einen Aufstand der bis dahin römerfreundlichen Friesen nieder. Im Jahr 69 mussten sogar Truppen aus Spanien und Britannien für Verstärkung herangezogen werden, um die Revolte der Bataver (Bataveraufstand) unter Führung des Julius Civilis niederzuschlagen. Im Jahre 83 entschloss sich Kaiser Domitian, die römische Grenze zwischen Rhein und Donau weiter gegen Norden zu verschieben. Nach Beendigung der Chattenkriege begannen die Römer mit dem Bau des Limes, der im Süden durch die so genannte Sibyllenspur, den Lautertal-Limes, mit dem Alblimes verbunden war, um die Grenzen zwischen Germanien und dem römischen Reich zu sichern. Im selben Zeitraum entstanden die Provinzen Germania Superior (Obergermanien) und Germania Inferior (Untergermanien). Neueste Forschungen (ab etwa 1995) deuten allerdings darauf hin, dass der Neckar-Odenwald-Limes nicht schon um 83/85 unter Domitian, sondern erst um das Jahr 98 unter Kaiser Trajan angelegt wurde. Vor allem fehlt bis heute auch nach über hundertjähriger Forschung ein zuverlässig datierter römischer Fund von der Neckar-Odenwald-Linie vor dem Jahre 98, sei es eine Inschrift, ein Militärdiplom oder ein dendrochronologisch datierbarer Holzfund. Außerdem passt der Neckar-Odenwald-Limes militärtechnisch zu anderen Anlagen aus der Zeit Kaiser Trajans, während für die Zeit Domitians ähnliche Parallelen fehlen. Um das Jahr 122 wurde die römisch-germanische Grenze unter Kaiser Hadrian zwischen dem mittleren Neckar und der Donau bei Eining um etwa 20 bis 40 Kilometer nach Norden verschoben. Die letzte römische Expansion in Germanien, die Verschiebung des Neckar-Odenwald-Limes um rund 25 Kilometer nach Osten unter Kaiser Antoninus Pius, ist inzwischen recht sicher auf das Jahr 159 datierbar. Die Markomannenkriege Im 2. und 3. Jahrhundert n. Chr. fanden zwei entscheidende Veränderungen rechts des Rheins statt: Zum einen schlossen sich die germanischen Stämme zu Großstämmen zusammen, zum anderen nahm der Druck verschiedener Stämme auf die römischen Grenzen immer mehr zu. Im Jahre 167 fielen die Markomannen, Quaden, Langobarden, Vandalen, Jazygen und weitere Stämme in die römische Provinz Pannonien ein und lösten damit die Markomannenkriege (167 bis 180) aus. In insgesamt vier Feldzügen schlug der römische Kaiser Mark Aurel unter Aufbietung aller Kräfte des Imperiums die Germanen. In der sehr unzuverlässigen Historia Augusta wird erwähnt, dass die Römer planten, zwei neue Provinzen einzurichten; ob dies den Tatsachen entspricht, ist ungewiss. Damit wäre jedenfalls das Vorfeld der italienischen Halbinsel auch in nordöstlicher Richtung nach gallischem Vorbild gesichert worden. Viele Historiker sehen die Markomannenkriege als die Vorboten der großen Völkerwanderung. Ausgelöst wurde der zunehmende Bevölkerungsdruck auf die römischen Grenzen wohl durch die Wanderungen der Goten zum Schwarzen Meer und der Vandalen in Richtung Donau. Die Ursachen für diese aufkommende Wanderbewegung germanischer Stämme konnten bisher nicht geklärt werden, denkbar wären z. B. Hungersnöte. Zwischen Markomannenkriegen und Völkerwanderung Mit den Markomannenkriegen 166–180 unter Mark Aurel hatten die Konflikte zwischen Germanen und Römern eine neue Qualität bekommen. Als Mark Aurel 180 starb, waren die Germanen zwar geschlagen, aber nicht endgültig besiegt; der Erfolg war nur vorübergehender Natur. Aurels Sohn Commodus kehrte jedoch zur Defensivpolitik des Augustus zurück und schloss Friedensverträge mit den Germanen. Auch die Kräfte des Römischen Reiches waren erschöpft und die verwüsteten Provinzen mussten restauriert werden. Der Verzicht auf eine expansive Politik gegen Germanien unter Augustus, die sich auf die Grenzsicherung des Römisches Reiches konzentrierte, war den neuen Anforderungen nicht mehr gewachsen. Die Bündnisse mit einzelnen Stämmen waren nicht von Bestand, da ein stabiles Königtum als zuverlässiger Ansprechpartner noch nicht existierte. Auch der Limes reichte als Kontrollinstrument nicht aus, um die sich oft jährlich wiederholenden Einfälle gewaltiger Völkermassen zu stoppen. Zudem geriet das Imperium in eine schwere Krise, die von der modernen Forschung als Reichskrise des 3. Jahrhunderts bezeichnet wird: Die meisten dieser Soldatenkaiser hielten sich nur für kurze Zeit auf dem Thron, während der Druck durch die gentilen Großverbände an Rhein und Donau auf der einen, am Euphrat durch das Sassanidenreich auf der anderen Seite stetig zunahm. Die nötige Trennung des Heeres in einen Teil zur Grenzsicherung und eine weitere mobile Eingreiftruppe erfolgte erst um 260 unter Kaiser Gallienus. Hauptmotiv der Germaneneinfälle war Ansiedlung im Römischen Reich, doch das Imperium konnte bzw. wollte diesen Wunsch nicht erfüllen. Es kam zum Wechselspiel von Einfällen, Plünderungen, Landnahme und später Usurpationen. Wanderungen und Reichsgründungen Die zur Zeit der Völkerwanderung weit wandernden germanischen Stämme gehörten vor allem zu den Ostgermanen – z. B. die Burgunden, Gepiden, Goten, Langobarden und Vandalen. Ihre Reichsgründungen hatten jedoch keinen dauerhaften Bestand; die ostgermanischen Sprachen sind heute ausgestorben. Die westlich der Elbe lebenden Stämme – z. B. die Franken, Sachsen und Angeln – waren vergleichsweise sesshaft. Ebenso die Nordgermanen, die erst im Mittelalter zur Zeit der Wikinger unter anderen Bedingungen ausgedehnte Wanderungstätigkeiten entwickelten. Ihre Sprachen (westgermanische Sprachen und nordgermanische Sprachen) haben sich bis heute erhalten und weiterentwickelt. In der Zeit der Völkerwanderung gründeten Germanenstämme Reiche in Nordafrika, im heutigen Frankreich, in Italien, auf der iberischen Halbinsel und wanderten nach Britannien. Die Germanen kannten meist kein Verwaltungsstaatswesen im römischen oder heutigen Sinne. Die Reiche der germanischen Stämme waren ähnlich dem Personenverbandsstaat organisiert, oft wurden aber römische Verwaltungsmuster übernommen. Die Angehörigen eines Stammes oder Stammesverband schworen ihrem König Treue und waren damit an das Reich gebunden. Der „Staat“ (wobei nicht der moderne Terminus von Staatlichkeit zugrunde gelegt werden darf) wurde nicht über eine räumliche Ausdehnung definiert, sondern über seine Menschen und deren Stellung zum Herrscher. Deshalb waren die Reiche stark mit dem jeweiligen König verbunden, und der Tod des Königs bedeutete oft auch den Untergang des Reiches. Allerdings traten auch zahlreiche Germanen (einzeln oder in Gruppen) in römische Dienste und kämpften anschließend auch gegen ihre alten Stammesgenossen. Viele dieser Germanen stiegen im römischen Militär auf, wobei die germanischen Heermeister teils eine unrühmliche Rolle spielten, vor allem im Weströmischen Reich. Andere wiederum standen aber durchaus loyal zum Kaiser (wie etwa Stilicho, Bauto oder Fravitta). Während im Oströmischen Reich der Kaiser schließlich die Kontrolle über die Germanen gewinnen konnte, konnte im Westen nur noch mit ihnen regiert werden. Spätestens nach dem Tod des Aëtius entglitt den Römern die Kontrolle über die auf dem Boden des Imperiums siedelnde Germanen vollends. Burgundenreich Nach dem Rückzug der Römer überschreiten ab 406 die Burgunden zusammen mit den Vandalen den Rhein und lassen sich als römische Bundesgenossen in Mogontiacum (Mainz), Vicani Altiaienses (Alzey) und Borbetomagus (Worms) nieder. Das Gebiet wird ihnen vertraglich zugesichert. Nach einem Einfall in die römische Provinz Belgica 435 wird im darauffolgenden Jahr das Burgundenreich durch den weströmischen Heermeister Aëtius mit Hilfe hunnischer Hilfstruppen zerstört – bis ins Spätmittelalter wird die Erinnerung an dieses Ereignis in der Nibelungensage bewahrt. Die verbliebenen Burgunden werden durch Rom ins Gebiet des Rhône-Tals umgesiedelt und gründen dort später ein neues Reich, das 532 im Fränkischen Reich aufgeht und dort neben Austrien und Neustrien einen eigenen Reichsteil bildet. England Nach dem Zusammenbruch der Rheingrenze 406/407 wurden die Legionen aus Britannien abgezogen und die römische Präsenz auf der Insel erlosch vollständig. Die romano-britische Bevölkerung warb zum Schutz angelsächsische Söldner an. Gruppierungen der Angeln, Sachsen und Jüten siedelten sich im östlichen Teil der Insel an und vertrieben teilweise die keltische Bevölkerung, die im Laufe der Zeit immer weiter nach Westen abgedrängt wurde. Bis zum Ende des 7. Jahrhunderts hatten die Angelsachsen den größten Teil der Insel unterworfen und konnten ihre Herrschaft auch gegen die späteren Wikingereinfälle behaupten, bis England 1066 durch die Normannen erobert wurde. Frankenreich Bereits seit Beginn des 4. Jahrhunderts waren am nordöstlichen Ende Galliens Franken (später auch Salfranken) als Föderaten angesiedelt worden. Ende des 4. Jahrhunderts kam es wiederholt zu Kampfhandlungen zwischen Franken und Römern (siehe Marcomer). Nach dem Tode des weströmischen Heermeisters Aëtius, der 436 das Burgundenreich zerstörte und 451 in der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern die Hunnen stoppte, wurde das Gebiet durch Westrom praktisch nicht mehr kontrolliert. Nach dem Zusammenbruch 476 existierte im Norden Galliens im Gebiet um Soissons ein römisches Restreich unter dem Statthalter Syagrius, dem Sohn des Heermeisters Aegidius. 486/487 besiegten die Salfranken unter dem Merowinger Chlodwig I. Syagrius in der Schlacht von Soissons. Dadurch verschob sich die Grenze des durch die Franken kontrollierten Gebiets bis an die Loire; das Salfränkische Reich wird nun Reich von Soissons genannt. Chlodwig, der zuerst nur einer von mehreren fränkischen Kleinkönigen war, beseitigte die anderen Teilkönigreiche. Er sah sich selbst in der Kontinuität römischer Herrschaft, übernahm die römischen Verwaltungsinstitutionen, trat zum katholischen Glauben über und sicherte sich seinen Einfluss auf die Kirche. Militärische Siege 496 und 506 gegen die Alamannen sowie 507 gegen die Westgoten in der Schlacht von Vouillé trugen zur weiteren Expansion fränkischer Herrschaft bei. Die Politik des Frankenreichs blieb auch weiterhin feindlich gegen die letzten unabhängigen germanischen Gentes. Aus der Verschenkung eroberten Grundbesitzes durch den König entwickelte sich das Lehnswesen. Im frühen 6. Jahrhundert (nach 507) entstand die lateinische Sammlung des Volksrechts der Franken Lex Salica. Das Reich von Soissons wird als Neustrien Bestandteil des Fränkischen Reichs, das bis zu seiner Teilung 843 im Vertrag von Verdun die bestimmende Großmacht in Mittel- und Westeuropa war. Gotenreiche Um 150 bis zur Mitte des 3. Jahrhunderts dehnten sich die Goten entlang Weichsel und Dnister bis zum Schwarzen Meer aus. Um 290 kam es zur Trennung der Goten in Terwingen und Greutungen; beide sind nicht völlig deckungsgleich mit den späteren West- und Ostgoten. In Südrussland errichteten die Greutungen ein Reich, über dessen Größe und inneren Aufbau wenig bekannt ist. Die Terwingen rückten in das von den Römern unter Aurelian aufgegebene Dakien ein und ließen sich dort nieder. Die Goten lagen häufig mit den Römern im Konflikt, wurden jedoch nie unterworfen und besiegten 252 n. Chr. sogar ein ganzes römisches Heer. Durch den Einfall der Hunnen aus den asiatischen Steppen um 375 n. Chr. wurde das Reich der Greutungen zerstört bzw. fiel an die Hunnen. Die Greutungen zogen nach Westen und siedelten im Raum des heutigen Ungarn. Fortan standen sie unter Waffengefolgschaft der Hunnen und zogen 451 n. Chr. bei der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern gegen die Westgoten (u.a. Burgunder) zu Felde. 488 n. Chr. zog der ostgotische König Theoderich mit den sich nun formierten Ostgoten nach Italien und besiegte den dortigen germanischen Herrscher Odoaker. Theoderich gründete daraufhin ein neues ostgotisches Reich in Italien, welches aber bald nach seinem Tod unterging. Die Terwingen hingegen hatten sich dem hunnischen Zugriff entzogen und sich 376 über die Donau ins römische Reich abgesetzt. Dort wurden sie angesiedelt, rebellierten aber bald darauf, was zur Schlacht von Adrianopel 378 führte, in der Kaiser Valens und der Großteil des römischen Bewegungsheeres im Osten untergingen. Erst Theodosius I. schloss 382 einen Vertrag, der ihnen weitgehende Rechte einräumte. Nach dem Tod des Theodosius im Jahre 395, plünderte der Gote Alarich I. mit seinem Heer die römischen Provinzen; 410 eroberte er sogar Rom. Im Jahre 418 wurden die Terwingen, die sich nun endgültig zu den Westgoten formiert hatten, in Aquitanien angesiedelt, wo sie das Tolosanische Reich – begründeten, das später als Toledanisches Reich bis zur Eroberung durch die Mauren im Jahre 711 bestand. Die Langobarden Nach der Eroberung des Gepidenreichs 567 wurden die Langobarden durch die Awaren verdrängt und eroberten unter König Alboin Norditalien mit der Hauptstadt Pavia und weitere Gebiete in Mittel- und Süditalien. Die anderen Regionen blieben unter Kontrolle des oströmischen Reiches. Diese Landnahme gilt als Abschluss der spätantiken Völkerwanderung. König Authari (584-590) trat vom arianischen zum katholischen Glauben über. Erst 662 verdrängt der Katholizismus den Arianismus offiziell – gleichzeitig mit dem Vordringen des Islam. Karl der Große eroberte 774 Pavia unter dem letzten Langobardenkönig Desiderius und ließ sich selbst zum König der Langobarden krönen. Im Süden blieb das Herzogtum Benevent bis zur Eroberung durch die Normannen im 11. Jahrhundert selbstständig. Der Name „Langobarden“ ist in der Bezeichnung Lombardei (ital. Lombardia), für eine norditalienische Region, bis heute erhalten geblieben. Nordeuropa Reich der Vandalen Im Jahre 406 fallen die Vandalen gemeinsam mit anderen germanischen Stämmen nach Gallien ein. Drei Jahre später haben sie die iberische Halbinsel erreicht. Unter König Geiserich dringen sie 429 zusammen mit Alanen nach Nordafrika vor und erobern die dortigen römischen Provinzen. Hippo Regius – während der Belagerung stirbt Augustinus von Hippo – ist bis 439 Hauptstadt. Mit der Eroberung von Africa Proconsularis wird Karthago Hauptstadt und die dortige römische Flotte wird erbeutet. In der Folgezeit werden zahlreiche Mittelmeerinseln erobert und 455 Rom geplündert und besetzt. Der oströmische Kaiser Zenon erkennt die Herrschaft der Vandalen 474 an. Im Jahre 477 wird Hunerich der Nachfolger von Geiserich und es kommt ab 483 zu Verfolgungen der Katholiken durch die arianischen Vandalen. Erst 523 wird für kurze Zeit unter Hilderich die katholische Religion wieder zugelassen. 534 erobert der oströmische Feldherr Belisar im Auftrag Justinians das Vandalenreich und beendet deren Herrschaft. Das Ende der kaiserzeitlichen archäologischen Kulturen östlich der Elbe Über den Niedergang der germanischen Besiedlung des ostelbischen Raums gibt es wenig historische Quellen. Es muss auf archäologische Untersuchungen zurückgegriffen werden. In der ersten Hälfte des 5. Jahrhundert ist auf polnischem Gebiet noch eine intensive Besiedlung durch die letzte Entwicklungsphase der Przeworsker Kultur nachweisbar. Das Gebiet stand in regen Beziehungen zum Reich von Attila (mittlerer Donauraum) und hatte wahrscheinlich auch eine gewisse politische Bedeutung („Fürstengrab“ von Jakuszowice). Das Ende dieser Kultur lässt sich um die späte Mitte des 5. Jahrhundert datieren. Bereits davor brechen die kaiserzeitlichen Spuren auf ukrainischem Gebiet ab. Die Gebiete der Slowakei, Mährens, Niederösterreichs, Böhmens und Ungarns weisen für das 5. Jahrhundert eine intensive germanische Besiedlung auf. Spätere Funde germanischer Kulturen sind in der Slowakei nicht mehr zu finden. Bereits die frühen donauländischen Bügelfibeln sind dort selten zu finden. Die Goldmünzfunde aus dem 6. Jahrhundert fehlen bis auf eine Ausnahme ganz. Die gepidische Besiedlung ist für das 6. Jh. auf dem Gebiet Ostungarns nachweisbar, jedoch nicht in der Ostslowakei. Im nordöstlichen Teil Mährens enden die germanischen Funde zu Beginn des 6. Jahrhunderts. In den anderen Regionen, in Niederösterreich und der Südslowakei westlich der Kleinen Karpaten ist die langobardische Besiedlung nachweisbar. Diese Besiedlung nimmt zur Mitte des 6. Jahrhunderts hin ab, als die Langobarden Pannonien besetzten. Für Böhmen wird bis nach der Mitte des 6. Jahrhunderts eine germanische Besiedlung vermutet. Über diese Besiedlungsbrücke könnten die Kontakte des mitteldeutschen Raums mit dem mittleren Donauraum verlaufen sein. Die genannten Gebiete werden nachfolgend von den Slawen besiedelt. Der Charakter dieser Landnahme ist nicht zweifelsfrei zu klären. Die Kämpfe mit den Bayern (593 und 595) oder die Einfälle in Thüringen im 7. Jh. legen verheerende Einfälle mit anschließender Eroberung nahe. Jedoch waren auch Gebiete (Schlesien, Slowakei) möglicherweise einige Zeit unbewohnt, bevor sie durch die Slawen besetzt wurden. Die geräumten Gebiete sind oft sehr fruchtbar gewesen und die Motive für die Aufgabe der germanischen Besiedlung bleiben unklar. Mit dem Abzug der Langobarden nach Italien im Jahre 568 und dem Erscheinen der Awaren ergaben sich dann für die slawische Landnahme neue Möglichkeiten. Der Begriff Wikinger bezeichnet Angehörige von kriegerischen, zur See fahrenden germanischen Völkern des Nord- und Ostseeraumes in der so genannten Wikingerzeit. Dieser Artikel behandelt die Menschen, die von ihren Zeitgenossen als Wikinger bezeichnet wurden. Die Ereignisgeschichte im Zusammenhang mit den Wikingern wird im Artikel Wikingerzeit behandelt. In der zeitgenössischen Wahrnehmung stellten die Wikinger nur einen sehr kleinen Teil der skandinavischen Bevölkerung dar. Dabei können zwei Gruppen unterschieden werden: Die einen betrieben den Strandraub zeitweise und nur in einem frühen Lebensabschnitt. Es waren junge Männer, die aus der heimatlichen Gebundenheit an Kult und Sippe ausbrachen und Ruhm, Reichtum und Abenteuer in der Ferne suchten. Später ließen sie sich wie ihre Vorfahren nieder und betrieben die in ihrer Gegend übliche Wirtschaft. Von ihnen berichten die Sagas (Altnordische Literatur) und die Runensteine. Für die anderen wurde der Strandraub zum einzigen Lebensinhalt. Ihnen begegnet man in den fränkischen und angelsächsischen Annalen und Chroniken. Sie kehrten bald nicht mehr in die Heimat zurück, waren in die heimatliche Gesellschaft nicht mehr integrierbar und wurden dort als Verbrecher bekämpft. Der Begriff Wikinger Wortherkunft Das Wort Wikinger leitet sich vermutlich von dem altnordischen Substantiv víkingr (mask) ab, das “Seekrieger, der sich auf langer Fahrt weit von der Heimat entfernt” bedeutet. Víking (fem) bedeutet zunächst nur die weite Schiffsreise, sekundär dann auch die “Kriegsfahrt zur See an entfernte Küsten”. Allerdings ist dies bereits das Endstadium der Wortentwicklung. Das Wort ist älter als die Wikingerzeit und bereits im angelsächsischen Wídsíð belegt. Die Nachrichten über die Überfälle von Skandinaviern an den nordfränkischen Küsten zur Merowingerzeit nennen Seekönige, Seegauten und Seekrieger, aber niemals Wikinger. Am Ende des 8. Jahrhunderts begann eine Serie von Plünderungszügen nach England, aber es dauerte bis 879, bis in der Angelsächsischen Chronik das Wort Wikinger verwendet wurde und danach kommt es nur dreimal vor, nämlich in den Aufzeichnungen für die Jahre 885, 921 und 1098. Es handelte sich also nicht um einen gängigen Ausdruck, nicht einmal in der Zeit dänischer Herrschaft. Hinzukommt, dass man mit Wikinger Skandinavier meint, aber dieses Wort bei der Übersetzung der Bibel und klassischer Literatur für Seeräuber ganz allgemein verwendet wurde. Jedenfalls taucht der Begriff Wikinger auf schwedischen Runensteinen relativ spät auf, der feminine Ausdruck víking für den Wikingzug in der Zusammensetzung vestrvíking erst zu einer Zeit, als die Raubfahrten nach Osten offenbar eingestellt waren, denn das entsprechende Wort austrvíking gibt es nicht. Auf dänischen Runensteinen ist Viking für den Beginn des 11. Jahrhunderts belegt. Der Ursprung des Wortes ist umstritten. Vík bezeichnet eine große Bucht, in der das Ufer zurückweicht; nach einigen Forschern also die ursprünglichen Siedlungsplätze der späteren Wikinger. Dies ist aber deshalb unwahrscheinlich, weil das Anlaufen von Buchten und das Siedeln in Buchten eine ganz allgemein übliche Vorgehensweise war und nichts, was spezifisch die Wikinger auszeichnete. Im Gegenteil, die Wikinger ließen sich in aller Regel auf Inseln nieder: Île de Noirmoutier in der Loiremündung, die Insel vor Jeufosse und l'île d'Oissel in der Seine, die Camargue, eine Insel im Flussdelta der Rhône, Groix (wo ein Bootgrab gefunden wurde), Walcheren, die Isle of Thanet, die Isle of Sheppey und andere mehr, ganz zu schweigen von den atlantischen Inseln nördlich von Schottland und in der Irischen See. Da ist eine Herleitung von einem Wort für Bucht historisch unplausibel. Eine weitere Theorie leitet Wikinger vom lateinischen Wort vicus ab, das eine Ortschaft bezeichnet. Dabei wird auf die vielen Städtenamen verwiesen, die auf -wik enden. Das feminine Abstraktum víking ist aber damit nicht zu erklären. Häufig wird auch auf Vik als alte Bezeichnung für den Oslofjord verwiesen. Es seien also ursprünglich Seeräuber aus Vik gewesen. Dies wird aber überwiegend als unwahrscheinlich gehalten, da die Leute aus Vik als Seeräuber nirgends besonders in Erscheinung getreten sind. Die neuere Forschung stellt für eine akzeptable Herleitung die von Munch. entwickelte Bedingung auf, dass mit ihr auch das feminine Abstraktum als Parallelentwicklung erklärt werden kann, eine Bedingung, die genannten Erklärungen nicht zu erfüllen vermögen. Auch wird erwogen, dass die Wurzel nicht im Skandinavischen, sondern im Anglo-Friesischen zu suchen sei, da es bereits in altenglischen Glossaren aus dem 8. Jahrhundert auftrete; in diesem Fall erscheint eine Ableitung von Altenglisch wik, „Lagerplatz,“ wahrscheinlich. Auch diese Herleitung kann das feminine Abstraktum nicht erklären. Andere Wortherleitungen gehen von vikva (von der Stelle rücken, bewegen, sich bewegen), víkja (norwegisch vige = weichen) aus. Hierzu gehört das Wort vík im Ausdruck róa vík á (eine Kurve rudern, beim Rudern vom Kurs abkommen) Afvík hat die Bedeutung Abstecher. Das feminine Wort víking wäre dann eine Abweichung vom rechten Kurs. Synonym dazu wird in den Texten auch úthlaup, die Fahrt, das Auslaufen von Land verwendet. úthlaupsmaðr heißt auch Wikinger und úthlaupsskip Seeräuberschiff. Víkingr wäre dann einer, der von zu Hause entweicht, sich also in der Fremde aufhält, auf eine weite Seereise geht. Aber auch diese Herleitung hat keine allgemeine Zustimmung gefunden, weil sie von einem zu hohen Abstraktionsniveau ausgeht. Ein neuer Erklärungsversuch bezieht das Wort "vika" in die Überlegungen ein. Dieses Wort lebt im deutschen Wort "Woche" fort und hat sowohl eine zeitliche als auch räumliche Bedeutung: Es handelt sich um die Strecke, die eine Rudermannschaft bis zum Wechsel an den Riemen rudert. Altwestnordisch ist vika sjóvar eine Seemeile. Daraus wird der Vorschlag entwickelt, dass víkingr ein Wechsel– oder Schichtruderer ist und das Abstraktum víking "das Rudern in Schichten" bedeutet. Das Fehlen eines ursprünglichen maskulinen Substantivs aus dem Wort vika wird damit erklärt, dass das feminine Wort víking zuerst dagewesen sei und víkingr eine sekundäre Ableitung dazu. Aber diese Erklärung ist noch in der Diskussion und hat sich noch nicht endgültig durchgesetzt. Somit bleibt, dass über die Herkunft des Wortes Wikinger bislang keine Einigkeit erzielt werden konnte. Begriffsentwicklung Wikinger war nie eine ethnische Bezeichnung, wenn man sie sich auch geografisch im Süden und Westen, nicht so sehr im Osten Skandinaviens vorstellte. Die Wörter víkingr und víking haben eine unterschiedliche Bedeutungsentwicklung erfahren. Während víkingr wegen seiner immer negativer werdenden Konnotation bald nicht mehr für edle Menschen und regierende Könige verwendet wurde, konnte von diesen durchaus gesagt werden, dass sie auf víking führen. König Harald Graumantel und sein Bruder Gudröd pflegten im Sommer „im Westmeer oder in den Ostlanden auf Víking“ zu gehen. Diese Wikingerfahrten waren entweder private Plünderungsunternehmen einzelner, oder man schloss sich zu organisierten Verbänden zusammen. Aber die Fahrten waren nicht notwendig mit Raub verbunden. In der Gunnlaugr Ormstungas saga geht der Held auf víking und besucht erst Nidaros, dann König Æthelred, reist schließlich von da nach Irland, den Orkneys und Skara in West-Gotland, wo er sich bei Jarl Sigurd einen Winter aufhält, zuletzt nach Schweden zu König Olof Skötkonung. Von Plünderung ist keine Rede. Begriffsgeschichtlich sind zwei Phasen des Begriffsinhaltes auszumachen: eine frühgeschichtliche Phase in den altnordischen Texten bis in das 14. Jahrhundert und eine moderne, die bis in das 17. Jahrhundert zurückverfolgt werden kann. Angelsächsische Quellen Das Wort vícing findet sich wohl zuerst in der Angelsächsischen Chronik. Dort tritt es zusammen mit den Wörtern scip-hlæst (= Schiffslast) und dene (= Dänen) auf. Die Körper der Männer werden als Schiffsladung bezeichnet. 798 wurden die Angreifer noch als Dänen bezeichnet. 833 waren die Angreifer „Schiffsladungen von Dänen“. Auffallend ist, dass von xxxv scip-hlæst und nicht von 35 Schiffen die Rede ist. Der Akzent wird auf die Männer gelegt. 885 wurden die Schiffsladungen dann Wikinger genannt. Im 9. Jahrhundert wurden die Wikinger in Übereinstimmung mit dem Wortursprung und offenbar durch Widsith gestützt als Seeräuber betrachtet. Dass die Chroniken die Dänen nicht sofort Wikinger nannten, lässt darauf schließen, dass man sie außerhalb ihres unmittelbaren Umfeldes zunächst nicht erwartete. Auch das Gedicht The Battle of Maldon aus dem späten 10. oder frühen 11. Jahrhundert schildert die Wikinger als Lösegeld fordernde Kriegerschar. þa stod on stæðe, stiðlice clypode wicinga ar, wordum mælde, se on beot abead brimliþendra ærænde to þam eorle þær he on ofre stod: Da stand ein Bote der Wikinger am Ufer, rief tapfer aus, sprach mit Worten, brachte prahlerisch die Nachricht des Seefahrers zum Grafen des Landes, an dessen Kueste er stand: Archäologische Funde lassen vermuten, dass das Wort wícing mit dem Gebrauch im Gedicht Widsith (im dortigen Artikel ist der Vers zitiert) im Wesentlichen übereinstimmt: Sie sind räuberische Angreifer. Sie werden in dem zitierten Vers mit den Heathobearnern gleichgesetzt. Was es damit auf sich hat, ist ungeklärt. Vers 57–59 bringt eine Völkertabelle: Ic wæs mid Hunum ond mid Hreðgotum, mid Sakzum ond mid bairum ond mit bommerum. mid Sweom ond mid Geatum ond mid Suþdenum. Mid Wenlum ic wæs ond mid Wærnum ond mid wicingum. Mid Gefþum ic wæs ond mid Winedum ond mit Gefflegum. Ich war mit den Hunnen und mit den Reidgoten Mit den Sachsen und den Bayern und den Pommern. Mit den Svear und den Göten und mit den Süddänen mit Wenlum war ich, mit Väringern und mit den Wikingern. Ich war mit den Gepiden und mit den Wenden und mit den Gefflegern. Wer auch immer im Einzelnen mit den Namen gemeint gewesen sein mag, die Tabelle weist klar in den Ostseeraum, und mit den Wikingern sind sicher Nordländer gemeint. Etwa aus der gleichen Zeit stammt eine Dichtung über das Buch Exodus, in der besonderer Wert auf die Kämpfe der Israeliten gelegt wird und das im Junius manuscript überliefert ist. Es geht um den Durchzug durch das Rote Meer in Heeresformation mit weißen Schilden und flatternden Fahnen. Über den Stamm Rubens heißt es da: æfter þære fyrde flota modgade, Rubenes sunu. Randas bæron sæwicingas ofer sealtne mersc, manna menio; micel angetrum eode unforht. Nach dieser Schar kommt stolz ein Seekrieger, Rubens Sohn. Seewikinger, zahlreiche Männer, trugen ihre Schilde über das salzige Meer, eine ausgesuchte Schar, die ging ohne Furcht. Diese beiden Belege zeigen, dass der Begriff Wikinger im Sinne von Seekrieger vor der nordgermanischen Expansion nach England verwendet wurde und daher nicht die von einem König initiierten Eroberungen abdeckt. Zu dieser Zeit war der Strandraub auf privater Initiative die maßgebliche Erfahrung mit den Wikingern. Diese lag bereits vor der eigentlichen Wikingerzeit. Die organisierten Invasionen zur Herrschaftsausdehnung in der Wikingerzeit wurden Nordmannen und Dänen zugeschrieben, nicht aber Wikingern. Die Verknüpfung des Begriffes Wikingern mit einem seegestützten Angriff ist in den angelsächsischen Quellen durchgängig zu beobachten. Sie gehören untrennbar zusammen Es wird sogar zwischen Landheer und Wikingern unterschieden. In der Chronik zum Jahr 921 wird vom Kampf des dänischen Heeres in Ostanglien gegen Edward als von einem Kampf des „landheres ge thara wicinga“ (des Landheeres und der Wikinger) berichtet. Beide Gruppen waren Dänen, und die Schiffe unterstützten das Landheer. Die Verbindung zwischen wic = Bucht und wicing wird in den militärischen Befestigungsanlagen in Gudsø vig am kleinen Belt und im Umkreis des Kanhave-Kanals, der die Insel Samsø an ihrer schmalsten Stelle von der Sælvig-Bucht in den Stavns-Fjord durchschnitt (Bau dendrochronologisch auf 726 datiert) gesehen. Dazu passt, dass im Widsith (Vers 28) das Wort wicing parallel zu sædena = See-Dänen gestellt wird. Auf dem Stiel einer Axt, die in Nydam gefunden wurde, befindet sich eine Runeninschrift, die die Namen Sikija (einer, der am Sik, einem Feuchtgebiet, wie es oft im Anschluss an eine Bucht zufinden ist) und Wagagast (Wellengast, Seefahrer) beinhaltet. Daraus kann man schließen, dass sich die Bevölkerung dort stark auf die Seetopographie bezog. Obgleich Boote und Waffen in Nydam Seekriegern gehört zu haben scheinen, kann aus den Funden keine Definition eines Wikingers hergeleitet werden. Auch in irischen Texten kommt das Wort Wikingern als Lehnwort uicing, ucing oder ucingead vor. Altnordische Literatur Die Einführung des Personennamens víking zeigt, dass mit dem Begriff bald persönliche Qualitäten verbunden wurden und er eine bestimmte Identität signalisierte und nicht eine bestimmte Art des Krieges. Allerdings fällt auf, dass der Personenname nur in Norwegen, in Ostschweden, Småland, Finnland und Schonen belegt ist, in Island aber nicht verwendet wurde, allenfalls als Beiname (Landnámabók). Eilífr Goðrúnarson (2. Hälfte des 10. Jahrhunderts) nennt in seiner Þórsdrápa die kriegerischen Götter “Wikinger”. Óðu fast (en) fríðir (flaut) eiðsvara Gauta setrs víkingar snotrir (svarðrunnit fen) gunnar; þurði hrǫnn at herði hauðrs rúmbyggva nauðar jarðar skafls at afli áss hretviðri blásin. Gautheims Wiking, wackre, Wat'ten, kampfwohlb'raten, Eidgenossen, edle. Erdschwart'-Nass schwoll härter. Well'gen Lands gewalt'ge Wog braust, sturmzerzauste, Hin viel auf der Felsen- Felds-Herren Notmehrer. Mit dieser Namensgebung sollen Tugenden der Vergangenheit beschworen werden: Ein treuer und tapferer meergebundener Krieger, beschäftigt mit externem Erwerb. In der Skaldendichtung ist die älteste Verwendung bei Egill Skallagrímsson (910-990) zu finden: Þat mælti mín móðir, at mér skyldi kaupa fley ok fagrar árar fara á brott með víkingum, standa upp í stafni, stýra dýrum knerri, halda svá til hafnar, höggva mann ok annan. Meine Mutter sagte Mir gebühre ein Kriegsschiff Bald mit rüstigen Männern, Raub zu holen als Wikinger. Stehen müsst ich am Steven, Steuern kühn den Meerkiel: Heldengleich im Hafen Hieb ich auf die Männer. Da ist Egill noch nicht zwölf Jahre alt und reagiert mit diesem berühmt gewordenen Gedicht auf eine entsprechende Zusage der Mutter. Egill repräsentiert den Saga-Typus des Wikingers. Er verwendet das Wort in vielen Skaldenstrophen. Man erkennt, dass diese heroische Auffassung vom Wikingerleben zur Zeit der Abfassung des Gedichtes (um 920) bereits eine längere Tradition hinter sich hat. Bei der gesamten schriftlichen Tradition fällt auf, dass über die soziologischen Strukturen der Wikinger nichts überliefert ist. Weder sind der soziale Hintergrund, die Familien der Teilnehmer noch die Motive der Wikingerbewegung, ihre rechtlichen oder militärischen Strukturen Gegenstand der Überlieferung. Aber bald setzte sich vor allem in Schweden die pejorative Bedeutung durch, als dort der Handel eine vorrangige Stellung einnahm, denn der Wikinger war die größte Gefahr für den Kaufmann. Auch dies ist ein Grund, für diese Zeit den Wikinger vom Kaufmann zu unterscheiden, wenn auch die gleiche Person sich je nach Gewinnaussicht mal als Wikinger, mal als Kaufmann betätigt haben mochte. Das sind aber Einzelfälle. Überhaupt scheint das Wikingerunwesen im Ostseebereich eine geringere Bedeutung gehabt zu haben. Wenn es richtig ist, dass der Leidang seinen Ursprung in Schweden hat, so blieb für die privaten Raubzüge bald nicht mehr viel Spielraum. Vielmehr stand der Kriegszug dort schon sehr früh unter der Kontrolle des Königs. So musste sich die private Initiative mehr auf den Handel verlegen. Für die Ostfahrten in die Flüsse Russlands wurde der streng auf diese Gegend beschränkte Begriff der Waräger verwendet. Auch in Norwegen wurde bald gegen die Wikinger im eigenen Lande vorgegangen. Sigvald der Skalde bezeugt in seinem Gedächtnislied über Olav den Heiligen, dass er gegen die Räuberei im eigenen Lande gnadenlos vorgegangen sei: Vissi helst, það er hvössum hundmörgum lét grundar vörðr með vopnum skorða víkingum skör, ríkis. Lands Schirmherr mit Schwerte stäupte ab die Häupter vielen des Wikinger-Volkes. Furchtbar an Macht war der Runensteine In altnordischen Texten auf Runensteinen des 11. Jahrhunderts kommen neutrale und Ehrfurcht erweckende Bedeutungen vor. Das Wort Wikingern ist auch mit Vorstellungen von Ehre und Eid verbunden. Das Wort wurde auch einfach mit drengr = tapferer, ehrenhafter Mann gleichgesetzt. In diesen Texten gibt es keinen Wikinger hinter einem Pflug. Er wurde als in der Fremde mit dem Schwert in der Hand vorgestellt. Frühe außerskandinavische Literatur Zu derselben Zeit werden in der übersetzten lateinischen Literatur Seeräuber, Räuber und andere Schurken Wikinger genannt. In der frühen Phase wurde das Wort von Nichtskandinaviern und von Christen in einer pejorativen Bedeutung mit einem gewissen Maß an Ehrfurcht verwendet. Wikinger waren gewalttätige Angreifer. Adam von Bremen schreibt: „Sie sind wirklich Piraten, die jene Wikinger nennen, wir Eschenmänner“. Er nennt die Piraten mehrfach „Ascomanni“. In den westfränkischen Quellen taucht das Wort Wikinger nicht auf. Stattdessen ist bei den Plünderungszügen durchweg von Normannen die Rede. Die zeitgenössische Annalistik erwähnt ihre Grausamkeit. In der mehr örtlich orientierten Hagiographie tritt die unglaubliche Grausamkeit als besonderes Merkmal deutlich hervor. In der Angelsächsischen Chronik wird die Grausamkeit der Wikinger nicht explizit erwähnt. Dies hängt aber mit der Thematik und Darstellungsabsicht, den Aufstieg des Hauses Wessex und den Kampf Alfreds des Großen zu schildern, zusammen. Christliches Mittelalter Nach 1100 kam die Bezeichnung Wikinger ganz allgemein in Misskredit und wurde immer häufiger abwertend gebraucht. Der Aufmerksamkeitswert rührt vor allem daher, dass sie sich bei den damals durchaus allgemein üblichen kriegerischen Unternehmungen nicht an die kontinentalen Regeln hielten. Diese schützten grundsätzlich Kirchen und Klöster, die für die heidnischen Krieger nur eine leichte Beute waren. Insofern stehen sie in der zeitgenössischen Berichterstattung den Reiterhorden aus Ungarn nahe. Auch hier handelte es sich nicht um politische Kriegszüge zur Herrschaftsausweitung, sondern wie bei den Wikingern um reine Beutezüge. Der sog. Poeta Saxo setzt die “Ashmen”, die Adam von Bremen mit den Wikingern gleichsetzt, mit Piraten gleich. Snorri beginnt seinen Bericht über die Orkaden-Jarle in der Geschichte über Olav den Heiligen mit der abfälligen Bemerkung: „Es heißt, dass in den Tagen des Norwegerkönigs Harald hårfagre die Orkaden besiedelt wurden. Vor dieser Zeit waren die Inseln nur eine Wikingerhöhle.“ Ihre Anwesenheit lässt er nicht einmal als Besiedlung gelten. Über Magnus Berrføtt heißt es in der Heimskringla: „Er hielt den Frieden in seinem Lande aufrecht und reinigte es von allen Wikingern und Wegelagerern.“ Hier zeigt sich bereits der Wandel durch die Nennung der Wikinger zusammen mit den Gesetzlosen. Auch Erik Ejegod wird gelobt wegen seines beherzten Eingreifens gegen Wikinger in Dänemark. Im 12. Jahrhundert wird in einem Gedicht zur Erinnerung an Olav Tryggvason “Wikinger” synonym zu Räuber und Verbrecher verwendet. In den Dichtungen des 12. Jahrhunderts wird der Wikinger zum Staatsfeind und Aufrührer. Die gleiche Entwicklung kann man auf Island beobachten: In der Landnámabók werden die ersten Siedler, Stammväter bedeutender Geschlechter, noch als “víkingr mikill” (große Wikinger) bezeichnet. Aber zur selben Zeit setzt sich der unfriedliche Gewaltaspekt durch. „Þorbjörn bitra hét maður; hann var víkingur og illmenni.“ (Ein Mann hieß Þorbjörn bitra; er war Wikinger und ein übler Mensch.) Der vornehme Óleifr enn hvíti wird gleichzeitig als herkonungr (Heerkönig) und nicht als Wikinger bezeichnet. Kein Nachkomme der vornehmen Geschlechter wird selbst “Wikinger” genannt. Aber es wird von manchen berichtet, dass sie waren “í (vest)víking”, also auf Wikingerfahrt. Selbst der Skalde Egill Skallagrímsson, der den klassischen Typus des Wikingers verkörperte, wird nicht als Wikinger bezeichnet. Nur seine Unternehmungen werden “Víking” genannt. In der Njálssaga wird von Gunnar von Hlíðarendi und den Söhnen Njáls berichtet, dass sie auf “Víking”-Fahrt fuhren, sie selbst werden aber nicht Wikinger genannt. Aber Gunnars Feinde in Estland werden als Wikinger bezeichnet. Hingegen bezeichnet die mutmaßlich auf den Färöer-Inseln entstandende Saga von Hjorti aus Viðareiði den Seefahrer Tumpi, der von einem heute als Gammelfjols-gård bekannten Gehöft stammt, recht eindeutig als "víkingr". Er soll auf einer Fahrt nach Island um das Jahr 1000 herum mit dem Lensmann der norwegischen Krone auf den Færøern, Bjørn von Kirkjubø, in Streit geraten sein, und deswegen von den Inseln nach Grönland verbannt worden sein. In den Rechtstexten (Grágás, Gulathingslov) hat sich die Gleichsetzung mit Übeltäter dann verfestigt. Das gleiche gilt für Schweden. Gleichzeitig finden sich in den Wikingersagen über Ragnar Lodbrok und andere Seehelden Züge romantischer Seeräuberromane, in denen der Held gerne als Beschützer der Schwachen dargestellt wird. In der Friðþjófs saga ins frœkna lebt der Held Friðþjóf ein ritterliches Freibeuterleben, in der er die Übeltäter und grausamen Wikinger vernichtet, aber Bauern und Kaufleute in Frieden lässt. Das gleiche Motiv der Ritterlichkeit durchzieht auch die Vatnsdœla saga. Dabei ist auf die feine Unterscheidung zwischen dem femininen Wort „víking“ = Heerfahrt und dem maskulinen Wort „víkingr“ = Pirat hinzuweisen. Die ritterlichen Protagonisten ziehen auf Víking-Fahrt, aber ihre Gegner sind Piraten und Räuber, denen sie die Beute, die sie harmlosen Kaufleuten und Bauern abgenommen hatten, abjagen. Frühmoderne Auffassung Die literarische Verarbeitung in den Sagas bildete die Grundlage für die frühmoderne Auffassung über die Wikinger im Zuge der skandinavischen Identitätsfindung. Besonders der schwedische Gelehrte Olof Rudbeck betrachtete den Wikinger als „unseren starken, kriegerischen, ehrbaren, heidnischen und primitiven Vorfahren“. Obwohl geringwertiger, wurde angenommen, dass seine besten Qualitäten in Schweden und dem übrigen Skandinavien weiterlebten. Im 18. und 19. Jahrhundert wurde die heidnische Primitivität zurückgedrängt zu Gunsten eines freien und gesetzestreuen Wikingerbildes. Dies wirkte sich in der späteren Literatur dahin aus, dass die regulären Eroberungskriege z.B. in England ebenfalls Wikingern zugeschrieben und damit den räuberischen Überfällen auf die englischen Klöster im 8. Jahrhundert gleichgestellt wurden. Dabei wurde übersehen, dass die Tugenden, die an den Wikingern gelobt wurden, damals nur gegenüber der eigenen Gruppe geübt wurden. Die Moral war streng auf die eigene Sippe und die Gefolgschaft ausgerichtet. Daher war der Raub in der Fremde nichts unehrenhaftes, im Gegenteil, er trug zum Ansehen bei. Diese Unterscheidung liegt auch der Entscheidung Harald Hårfagres zu Grunde, den Wikinger Gang-Hrolf (angeblich identisch mit Rollo in der Normandie) aus Norwegen zu verbannen. Solange er in den Ostlanden heerte, wurde dies akzeptiert. Als er aber seine Plünderungen in Vik (Oslofjord) fortsetzte, verstieß er gegen die Regeln, dass man im eigenen Lande nicht plündern durfte. Die etwas verharmlosende Auffassung vom Wikinger in der frühen Neuzeit führte dazu, dass sich die Wikinger angeblich auch als Bauern und Händler betätigten und die Tugenden des ehrbaren Bürgers übernahmen. Das war die Zeit, als die Wikinger einer ganzen Kulturepoche, nämlich der Wikingerzeit, ihren Namen gaben. Als auch andere Aktivitäten im Kunstgewerbe entdeckt wurden, wurde der Begriff in der heutigen Weite allgemein auf die seefahrenden Völker der Nord- und Ostsee übertragen, sofern sie auch räuberisch auftraten. Der Begriff “Wikinger” verlor seine Konturen. Die romantische Heroisierung führte auch dazu, dass man den Wikingern besondere Fähigkeiten und Kenntnisse in der Seefahrt andichtete. So sollen sie angeblich bereits den Kompass und hervorragende nautische Fähigkeiten besessen haben. Dies ist, wie im Artikel Wikingerschiff dargelegt wird, Legende. Gegenwart Im deutschen Sprachraum wurde “Wikinger” erst im 19. Jahrhundert zu einem Allgemeinbegriff für nordische Seefahrer. Insbesondere Leopold von Ranke hat wohl zur Verallgemeinerung des Wikingerbegriffs im 19. Jahrhundert entscheidend beigetragen. Vorher wurden diese Völker Nordmannen oder Normannen genannt. Auch heute wird der Wikingerbegriff immer noch sehr undifferenziert angewendet, wie bereits an den Karten zu sehen ist, die unter der Bezeichnung “Die Welt der Wikinger” geboten werden und alle Schiffsbewegungen der Wikingerzeit von Vinland im Nordwesten bis in das Byzantinische Reich im Südosten, von Staraja Ladoga im Nordosten bis Gibraltar im Südwesten unterschiedslos den Wikingern zuschreiben. Die Karte Boyers enthält sogar einen wikingischen Pilgerweg nach Jerusalem! Heute ist in der Wissenschaft teilweise eine extreme Gegenbewegung zu beobachten, die jedwede andere Betätigung des Wikingers als Raub als der nationalromantischen Geschichtsschreibung entstammend ablehnt. Dieser extremen Reduktion auf den Raub, die Herschend vertritt, der sogar jedweden Handel ausschließen möchte, wird hier nicht gefolgt. Vielmehr muss die Wirtschaftsweise “Raubhandel” für viele Wikinger der norwegischen und schwedischen Oberschicht als erwiesen gelten. Auch konnten sich Wikinger auf Raubzug anschließend in anderen Ländern niederlassen. Manchmal konnten von diesen Niederlassungen und Siedlungen neue Raubzüge ausgehen. Harald Hårfagre sah sich gezwungen, die Bedrohung der norwegischen Küsten durch Wikinger aus den britischen Inseln abzuwehren. Richtig ist daran nur, dass reine Handelsreisende, Handwerker und Bauern - gleichgültig, wo sie sich niederließen -, deren Lebensentwurf nicht wesentlich von Kampf und Raub bestimmt war, nicht als Wikinger bezeichnet werden dürfen. Die Nordmänner, die Island und Grönland besiedelten und Nordamerika entdeckten, waren keine Wikinger. Die Auffassung von Herschend trifft nur auf die Wikinger zu, die im 8. und 9. Jahrhundert das Frankenreich und England heimsuchten. Dies ist aber nur ein Teil. Verwandte Ausdrücke für den gleichen Personenkreis Skandinavische Textzeugnisse Zu der eher ehrenvollen Auffassung “Wikinger” dürfte auch das Wort “DrængR” beigetragen haben, das sich auf den Runensteinen Schwedens findet. Dieses Wort hat um 1000 eine Wandlung durchgemacht. Auf den ältesten Runensteinen wird es oft synonym zu “Wikinger” gebraucht. Zu dieser Zeit bezeichnet das angelsächsische Lehnwort “dreng” den Krieger. Später hatte es dann einen mehr ethischen Inhalt als eine Bezeichnung für einen Mann „von rechtem Schrot und Korn“, ohne dass damit eine Auslandsfahrt verbunden sein müsste. Snorri definiert in seiner Snorra-Edda den Drengr so: „Drengir heita ungir menn búlausir, meðan þeir afla sér fjár eða orðstír, þeir fardrengir, er milli landa fara, þeir konungsdrengir, er höfðingjum þjóna, þeir ok drengir, er þjóna ríkum mönnum eða bóndum. Drengir heita vaskir menn ok batnandi.“ „“Drengir” heißen junge Männer, solange sie sich Habe und Ruhm erstreiten; “Fardrengir” die, die von Land zu Land segeln; “Königsdrengir” die, die Häuptlingen dienen; aber auch die sind “Drengir”, welche mächtigen Männern oder Bauern dienen; “Drengir” heißen alle rüstigen und reiferen Männer.“ – Snorra-Edda, Skáldskaparmál Kap. 81. Hier zeichnet sich schon die Begriffswandlung ab, die bis zur Zeit Snorris stattgefunden hatte. Eine weitere Bezeichnung für Männer mit wikingischer Lebensweise dürfte die frühe Verwendung des Titels “húskarl” gewesen sein. Es handelte sich um freie Männer, die sich den Mächtigen anschlossen und dessen Gefolge bildeten. Sie genossen freien Unterhalt und lebten in dessen Haus, das schon deshalb ein geräumiges Anwesen sein musste. Dafür waren sie verpflichtet, ihm bei allen Unternehmungen beizustehen. Ging er auf víking, so bildeten sie seine Kerntruppe, den “lið”. Húskarl bei einem mächtigen Mann zu sein, war für junge Bauernsöhne eine ehrenvolle Anstellung, insbesondere, wenn diese mächtigen Männer ein Jarl oder ein König waren. Aber unter den Verhältnissen vor und um 1000 konnte eine solche Schar nur gehalten werden, wenn sie Aussicht auf Ruhm und Reichtum hatte, zumal Reichtum Voraussetzung für hohes Ansehen war, das man nur durch große Freigebigkeit (“Goldausstreuer” “Schenker der Ringe” waren Kenninge für den König.) erwerben konnte. Dies geschah ganz überwiegend auf Auslandsfahrten, die mit Raubhandel verbunden waren. Das wird auch durch das völlige Fehlen des Titels “húskarl” in den nachwikingischen schwedischen Quellen nahegelegt. Snorri definiert in der Ynglinga saga den Seekönig so: „Í þann tíma herjuðu konungar mjög í Svíaveldi, bæði Danir ok Norðmenn. Voru margir sækonungar, þeir er réðu liði miklu ok áttu engi lönd. Þótti sá einn með fullu mega heita sækonungur, er hann svaf aldri undir sótkum ási, ok drakk aldri at arinshorni.“ „Da gab es viele Seekönige, die über große Heere geboten, aber kein Land besaßen. Den allein erkannte man mit Fug als einen richtigen Seekönig an, der nie unter rußigem Hausdach schlief und nie im Herdwinkel beim Trunke saß“ – Ynglinga saga, Kap 30 (nach anderer Zählung 34) über Hrólf Krakes Tod Hier handelt es sich um einen typischen Wikingerführer, da die Unterhaltung einer solchen Mannschaft den Raub voraussetzt. Zu Olaf dem Heiligen schreibt er: „Þá er Ólafur tók við liði og skipum þá gáfu liðsmenn honum konungsnafn svo sem siðvenja var til að herkonungar, þeir er í víking voru, er þeir voru konungbornir, þá báru þeir konungsnafn þegar þótt þeir sætu eigi að löndum.“ „Als er [12.jährig] Heer und Schiffe bekam, gaben ihm seine Leute den Namen “König”, wie dies damals Brauch war. Heerkönige nämlich, die Wikinger wurden, führten ohne weiteres den Königsnamen, wenn sie aus königlichem Blute waren, auch wenn sie noch kein Land zur Herrschaft besaßen.“ – Heimskringla Ólafs saga helga Kap. 4. Die sehr häufig (auf mehr als 50 Steinen) verwendete Formulierungen “at verða dauður” (fand den Tod) und “hann varð drepinn” (er wurde getötet) wird mit einer Ausnahme nur im Zusammenhang mit dem Tod im Ausland gebraucht. Das kann auf Wikinger-Unternehmungen deuten, aber auch auf Handelsfahrten. Die Handelsschiffe konnten ja selbst Opfer von Überfällen werden. Die Bezeichnungen der Schiffsmannschaften sind nur wenig belegt. So gibt es den Ausdruck “styrimannr”. Dieser ist der Schiffsführer. Welcher Art Unternehmungen das Schiff diente, lässt sich aus den wenigen Texten nur indirekt erschließen. Der Stein Haddeby 1 aus Gottorp deutet auf Grund des Textzusammenhangs eher auf eine kriegerische Verwendung hin. Dagegen dürfte der Schiffsführer, der auf dem schwedischen Stein im Dom zu Uppsala genannt wird, auf Handelsfahrt gewesen sein. Ein weiterer Ausdruck für einen Seekrieger war “Skípari”, Schiffsmann. Am deutlichsten ist dies auf den Steinen aus Småland und Södermanland zu erkennen. Außerskandinavische Textzeugnisse Die Bezeichnung in den frühen Schriftquellen des 8. bis 11. Jahrhunderts im Frankenreich lassen nicht immer einen Rückschluss darauf zu, inwieweit die Autoren die Ethnien bei den von ihnen geschilderten Überfällen unterschieden haben. Die Bezeichnung war im Wesentlichen von der Aussageabsicht bestimmt. So werden die Wikinger unter den Sammelbegriffen “Normannen”, “Heiden” und “Piraten” geführt. Man findet auch den bevorzugten Begriff Dänen. Manchmal wird zwischen Dänen, Norwegern und anderen unterschieden. Bei den Schilderungen der Untaten kam es den Annalen nicht auf eine ethnische Differenzierung an. Bei Autoren wie Nithard und Notker wird man auf Grund ihrer Informationsquellen davon ausgehen dürfen, dass sie über die überwiegend dänischen Herkunft der Wikinger Bescheid wussten. Trotzdem benutzten sie den Begriff “Normannen”.In der Hagiographie findet sich eine häufige Gleichsetzung von Normannen und „pagani“ (Heiden). Für die Darstellung des beispielhaften Handelns des geschilderten Heiligen war die ethnische Zugehörigkeit seiner Gegner ohne Bedeutung. Wenn Hinkmar von Reims an Papst Hadrian von “pagani Northmanni” und an die Bischöfe der Diözese Reims vom Kampf „conta paganos“ schreibt, dann dürfte dieser Verfasser eines Teiles der Annales Bertiniani über die ethnische Zugehörigkeit sicher informiert gewesen sein. In der pastoralen Briefliteratur ist naturgemäß überwiegend von “pagani” ohne weitere Differenzierung die Rede. In Annalen und Chroniken wird die Bezeichnung „Dänen“ dann bevorzugt, wenn von den Verhältnissen in Dänemark berichtet wird. Dann findet sich auch der synonyme Gebrauch von “Dänen” und “Normannen”. Andere Schilderungen nennen ausschließlich Dänen als Akteure. Aus Einhards Leben Karls des Großen kann man die Kenntnis unterschiedlicher Volkszugehörigkeit der Normannen ablesen. „Dani siquidem ac Suenones, quos Nordmannos vocamus, et septentrionale litus et omnes in eo insulas tenent.“ „Dänen und Sueonen, die wir Nordmannen nennen, haben die ganze Nordküste und alle Inseln in ihm (gemeint ist die Ostsee) inne.“ – Einhardi vita Karoli Kap. 12. In der Angelsächsischen Chronik wird bei den normannischen Überfällen durchaus zwischen Norwegern und Dänen unterschieden. Der Wikingerangriff 787 wird in der ältesten Handschrift “A” den Dänen zugeschrieben. Die Handschriften “B”, “C”, “D”, “E” und “F” schreiben “III scipu nodhmanna”. Dies seien die ersten Dänen (Deniscra manna) in England gewesen. Die Handschriften “E” und “F” geben zusätzlich als Herkunftsort “Heredhalande” an, was auf die norwegwische Küste bezogen wird.[77] Andere fränkische Schriftquellen sprechen von den Wikingern als “piratae”, benutzen das Wort “Wikinger” aber nicht. Sie unterscheiden auch nicht zwischen Flotte und Landheer. Im übrigen decken sich aber die Wortbedeutungen “piratae” bei den fränkischen und “wicing” bei den angelsächsischen Quellen, indem sie sich beide auf den Zusammenhang “Schiff - Angriff - Plünderung” beziehen. In Irland wurden Wikinger Lochlannach genannt, was die gleiche Bedeutung hat. Der Geschichtsschreiber Adam von Bremen nannte die Wikinger Ascomanni, “Eschenmänner”. Es gab Schiffe, die “askr” oder “askvitul” hießen. Dies kann darauf zurückzuführen sein, dass die Schiffe unter der Wasserlinie zwar aus Eichenholz, oberhalb der Wasserlinie aber oft aus Eschenholz gebaut sein sollen, was sich aber archäologisch nicht sicher belegen lässt. Der Schwager von Erik Blutaxt hieß Eyvindr skreyja (“Schreier”),dessen Bruder Álfr trug den Beinamen “Askmaðr”. Die Araber nannten die nordischen Seekrieger, die hin und wieder ihre Küsten heimsuchten, “Al-Madschūs”. In den irischen Annalen unterschied man zwischen dänischen und norwegischen Wikingern. Die dänischen Wikinger wurden “dubh” (die Schwarzen) genannt, die norwegischen Wikinger “finn” (die Weißen). Dies soll angeblich auf die Farbe ihrer Schilde zurückzuführen sein. Von der Entscheidungsschlacht Olavs des Heiligen bei Nesjar berichtet der Skalde Sigvat als Augenzeuge, dass die Schilde seiner Männer weiß gewesen seien. Zusammen waren sie „gall“ (die Fremden). Aber die Schilde hatten oft verschiedene Farben, wie der Teppich von Bayeux beweist. Aktivitäten Quellen Für die Aktivitäten der Wikinger gibt es höchst unterschiedliche Quellen mit sehr unterschiedlichem Aussagewert. Die Hauptquellen sind: Runensteine: Sie enthalten zuverlässige Aussagen über die dort verewigten Personen. Allerdings stammen sie, soweit von Wikingern die Rede ist, in der Regel aus dem 11. Jahrhundert und geben wenig Aufschluss über die Zeit davor. Ältere enthalten zu wenig Text. Zum anderen betreffen die meisten Personen im Ostseeraum. Die Personen gehören der sozialen Oberschicht an und geben daher ein ganz spezifisches Wikingerbild wieder, das nicht verallgemeinert werden kann. Sagas: Auch sie schildern das Wikingerbild einer Oberschicht. Sie sind zwar ebenfalls in einer späten Zeit niedergeschrieben worden, aber die in ihnen enthaltenen Gedichte sind zweifellos sehr alt, oft zeitgenössisch und haben einen hohen Quellenwert. Annalen und Chroniken: Sie sind im Frankenreich und in England niedergeschrieben worden. Ihr Quellenwert wird oft unterschätzt, indem man ihnen vorwirft, sie seien von Mönchen geschrieben worden und gäben daher ein einseitig negatives Bild der Wikinger wieder. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Verfasser den Ereignissen in aller Regel sehr nahestanden und es keine Veranlassung gibt, an der Darstellung nur wegen ihres religiösen Hintergrundes zu zweifeln. Im übrigen zeigt eine genaue Lektüre, dass sich durchaus anerkennende Passagen finden. Aber der Aussagewert ist gleichwohl begrenzt, da sie nur ganz selten quantitative Aussagen machen. Sie beschränken sich auf die Ereignisse als solche. Im wesentlichen handelt es sich um die Reichsannalen, die Jahrbücher von St. Bertin, die Jahrbücher von St. Vaast, die Xantener Jahrbücher, die Jahrbücher von Fulda, die Chronik von Regino von Prüm, die Taten Karls von Notker Balbulus, De bello Parisiaco des Abbo von St. Germain, The Anglo-Saxon Chronicle, De rebus gestis Aelfredi von Asser und das Chronicon von Aethelweard. Hagiographie und Translationsberichte. Dies ist die am meisten unterschätzte Quellengattung. Wenn auch die Lebensbeschreibung des Heiligen einer kritischen Distanz entbehrt, so hat doch die Einbettung in das Zeitgeschehen eine hohe Glaubwürdigkeit, zumal sie oft genug in der Beschreibung der Ereignisse mit anderen Quellen übereinstimmt. Hinzukommt, dass die Verfasser oft in den betroffenen Klöstern saßen und die Geschehnisse aus nächster Nähe verfolgen konnten. Ergiebig in dieser Hinsicht sind die anonyme Translatio S. Germani und die Miracula S. Filiberti. Sie sind hier nur über die Sekundärliteratur benutzt. Einige Wissenschaftler hängen noch der radikalen Quellenkritik an und verwerfen alle Quellen aus unterschiedlichen Gründen. Sie stehen in der Tradition der radikalen Sagakritik aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts. Aber der größte Teil der seriösen Geschichtsforschung hat sich davon abgewandt und versucht durch sorgfältige Textanalyse die glaubhaften Informationen aus den Quellen herauszuarbeiten. Lebensweise und Unternehmungen Die Außensicht unterschied sich radikal von der Binnensicht, wobei als Binnensicht nur die Sicht der aristokratischen Wikinger in den Sagas und auf den Runensteinen überliefert ist. Die in Frankreich und England plündernden Wikinger haben keine Zeugnisse ihres Selbstverständnisses hinterlassen. Durch die kontinentale Wahrnehmung und Überlieferung erhielten die Wikinger eine Aufmerksamkeit, die über ihre Bedeutung in der innerskandinavischen Geschichte weit hinausgeht. Bei den Wikingern der Saga-Literatur handelte es sich um eine Lebensphase einiger Adliger, die später in ein normales bäuerliches Leben zurückfanden. Egill Skallagrimsson beschloss sein Leben als Bauer in Island. Bei den übrigen Wikingern handelte sich um eine soziale Gruppe, die sich aus der skandinavischen Gesellschaft ausgegliedert hatte und bald nur noch als Staatsfeind gesehen wurde, so dass sie für die innerskandinavische Geschichte nur eine begrenzte Rolle - eben als Feinde - spielten. Die Quellen in ihrer Gesamtheit zeigen ein außerordentlich divergierendes Bild von den Wikingern, und es ist Boyer entschieden zu widersprechen, wenn er schreibt: „Es besteht eine skandinavische Einheit mit unvermeidlichen, aber in Wirklichkeit sehr kleinen Nuancen. Diese Einheit erlaubt es, den Wikinger-Alltag unabhängig von der jeweiligen ‚Nationalität‘ zu behandeln.“ In Diplomen König Ethelwulfs von Wessex, die bestimmte Klöster von Steuern befreiten, wird die Pflicht zur Verteidigung gegen die unglaublich grausamen, barbarischen Feinde ausgenommen. Das gesamte west- und ostfränkische sowie das angelsächsische Quellenmaterial stimmt unabhängig darüber überein, dass die Mordlust und Zerstörungswut ein hervorstechendes Merkmal der Angreifer war. Eine solche Quellenlage kann nicht mit Hinweis auf die durchweg christlichen Verfasser relativiert werden, zumal die wenigen arabischen Quellen aus Spanien das gleiche Bild beschreiben. Die kleineren, vor allem die hagiographischen Quellen betonen diese Eigenschaft besonders, während die Habgier weniger Beachtung findet. Diese wird eher in den größeren erzählenden Quellen angeführt. Das Wikingerbild des 9. Jahrhunderts kommt in den Annales Bertiniani zum Jahr 841 wie folgt zum Ausdruck: „Interea pyratae Danorum ab oceano Euripo devecti, Rotumum irruentes, rapinis, ferro ignique bachantes, urbem, monachos reliquumque vulgum vel caedibus vel captivitate pessumdederunt et omnia monasteria seu quaecumque loca flumini Sequanae adhaerentia aut depopulati sunt aut multis acceptis pecuniis territa reliquerunt.“ „Inzwischen überfielen dänische Seeräuber von der Nordsee aus durch den Kanal fahrend Rouen, wüteten mit Raub, Schwert und Feuer, schickten die Stadt, die Mönche und das übrige Volk in den Tod oder in Gefangenschaft, verheerten alle Klöster, sowie alle Orte am Ufer der Seine oder ließen sie, nachdem sie sich viel Geld hatten geben lassen, in Schrecken zurück.“ – Annales Bertiani zum Jahr 841. Die im gleichen Zeitraum durchgeführten Sachsenkriege Karls des Großen haben keineswegs in dieser Weise prägend auf die zeitgenössische Gedankenwelt eingewirkt, obgleich Alkuin dessen Vorgehen gegen die Sachsen scharf kritisierte. Wer in den lateinischen Texten eine antiskandinavische Parteinahme erkennt, übersieht, dass es im damaligen Bewusstsein bereits eine Unterscheidung zwischen politisch motivierten Kriegszügen und Beutezügen aus Habgier mit sinnloser Zerstörungswut gab. Von den innerfränkischen Auseinandersetzungen beschränken sich die Quellen in der Regel auf den Begriff “depraedatio” (Verheerung) oder “devastare” (verwüsten) ohne genauere Beschreibung der Vorgänge. „Odo rex in Francia hiemavit, Karolus vero rex supra Mosellam. Exhinc hi qui cum Karolo erant Balduinum infestum habuere, et ubique depraedationes agebantur ab eis.“ „König Odo überwinterte in Francien, König Karl aber an der Mosel. Von hier befehdeten Karls Anhänger den Balduin und überall wurden von ihnen Verheerungen angerichtet.“ – Annales Vedastini zum Jahre 896. Bei den Normannen heißt es dagegen: „Nortmanni incendiis et devastionibus in hiantes sanguinemque humanum sitientes ad interitum et perditionem regni mense Novembrio in monasterio sedem sibi ad hiemandum statuunt …“ „Die Normannen aber, nach Verwüstung und Mordbrennerei trachtend und dürstend nach Menschenblut, schlugen zum Unheil und Verderben des Reiches im November ihren Sitz im Kloster Gent auf …“ – Annales Vedastini zum Jahre 879. Dieser unterschiedlichen Beschreibung ist sicher auch ein unterschiedliches Geschehen zuzuordnen. Im altfriesischen Recht (17 Keuren und 24 Landrechte), die wohl im 11. Jahrhundert verschriftlicht wurden, wird auch von den skandinavischen Feinden gehandelt. In den 17 Keuren wird auf sie in drei Paragraphen eingegangen. In § 10 wird den Friesen zugestanden, dass sie zur Verteidigung gegen die heidnischen Heere (“hethena here”; “northhiri”) nach Osten nicht weiter als bis zur Weser und nach Westen nicht weiter als bis Fli (= Vlie in Friesland zwischen Vlieland und Terschelling) zu fahren brauchten. § 14 behandelte den Fall, dass jemand von den Nordmannen („nord mon“; „dae noerd manne“) verschleppt worden war. In der niederdeutschen Variante dieser Keuren wurden diese Feinde als “konnynck von Noerweghen”, “noerthliuden”, “dat northiere” oder “Noermannen” bezeichnet. Wie man diese Wikinger sah, geht aus § 20 der 24 Landrechte hervor: „Dies ist das 20. Landrecht: Wenn Nordmannen (Northman) in das Land eindringen einen Mann gefangennehmen und fesseln, ihn außer Landes bringen und ihn dann mit ihm zurückkommen und ihn zwingen, Häuser niederzubrennen, Frauen zu vergewaltigen, Männer zu erschlagen, Kirchen niederzubrennen und was man noch für Schaden anrichten kann, und wenn er dann flieht oder aus der Gefangenschaft freigekauft wird, und nach Hause und zu seinem Volk zurückkommt und seinen Bruder, seine Schwester, sein angestammtes Haus und Heim, den Hof und Grund seiner Vorfahren wiedererkennt, da gehe er straflos zu seinem eigenen Besitz. Wenn jemand ihn zum Thing lädt und ihn dieses Verbrechens der großen Untat beschuldigt, das er vorher mit den Wikingern (mith tha witsingon) begangen hatte, dann muss er auf dem Thing erscheinen und offen reden. Und einen Eid muss er dort auf die Reliquien schwören, dass er all dieses nur unter Zwang getan hat, wie es ihm sein Herr befohlen habe, als er ein Mann war, der nicht über Leib und Leben bestimmen konnte. Dann ist weder das Volk noch der Vogt berechtigt, ihn einer Schuld oder Verbrechens zu bezichtigen, weil der Vogt ihm keinen Frieden bewahren konnte; der Unfreie musste tun, was ihm sein Herr gebot, um seines Lebens Willen.“ – v. Richthofen S. 71 ff. Überhaupt scheinen in den Wikingerhorden viele Einheimische gezwungenermaßen oder als Kollaborateure mitgezogen zu sein: Über die Besetzung von Angers durch Wikinger im Jahre 873 heißt es: „Quam cum punitissimam et pro situ loci inexpugnabilem esse vidissent, in laetitiam effusi hanc suis suorumque copiis tutissimum receptaculum adversus lacessitas bello gentes fore decernunt. Protinus navibus per Medanam fluvium deductis muroque applicatis, cum mulieribus et parvulis veluti in ea habitaturi intrant, diruta reparant, fossas vallosque renovant et ex ea prosilientes repentinis incursionibus circumiacentes regiones devastant.“ „Als sie sahen, dass diese Stadt wohlbefestigt und durch ihre natürliche Lage uneinnehmbar sei, waren sie darob voller Freude und beschließen, dass sie für ihre und ihrer Landsleute Truppen als sicherster Zufluchtsort vor den durch ihren Angriff gereizten Völkern dienen sollte. Sofort ziehen sie ihre Schiffe die Maine hinauf und legen sie an die Mauern an, dann halten sie mit Weib und Kind ihren Einzug, um darin zu wohnen, bessern sie aus, wo sie zerstört war, stellen die Gräben und Wälle her und von dort in plötzlichen Überfällen hervorbrechend verwüsten sie die Umgegend.“ – Reginonis chronica zum Jahre 873. Hier geht man davon aus, dass dies nicht Frauen aus der Heimat sondern Teile der Beute waren. Anders lässt sich auch folgende Schilderung anlässlich der Belagerung von Paris nicht erklären: „Dum haec aguntur, episcopus gravi corruit infirmitate, diem clausit extremum in loculoque positus est in ipsa civitate. Cuius obitus Nortmannis non latuit; et antequam civibus eius obitus nuntiaretur, a Nortmannis deforis praedicatur episcopum esse mortuum.“ „Währenddessen wurde aber der Bischof von schwerer Krankheit befallen und beschloss sein Leben, und er wurde in der Stadt selbst in einem Holzsarg beigesetzt. Sein Tod blieb jedoch den Normannen nicht verborgen: noch ehe sein Verscheiden den Einwohnern bekannt geworden war, wurde von den Normannen von draußen verkündet, der Bischof sei gestorben.“ – Annales Vedastini zum Jahre 886. Das friesische Gesetz von 1085, welches v. Richthofen nach vier Handschriften herausgegeben hat, benutzt in einer Handschrift das Wort “Wikinger” (northeska wiszegge) bei der Festsetzung der Hilfspflicht der Nachbarn bei einem Überfall. Eine andere hat an dieser Stelle tha Nordmanum, die dritte northeska wigandum und die vierte niederdeutsche bietet northesca gygandüm. In den “Sieben Magnusküren” (wahrscheinlich aus dem 11. Jahrhundert), in denen die Freiheiten der Friesen festgelegt wurden, heißt es: „Dae kaes Magnus den fyfta kerre ende alle Fresen oen zijn kerre iechten, dat hia nen hereferd ferra fara ne wolde dan aester toe dir Wisere ende wester toe dae Fle op mey dae floede ende wt mey dae ebba, omdat dat se den ower wariath deis ende nachtis iens den noerdkoning ende iens den wilda witzenges sees floed mey dae fyf wepenum: mey swirde ende mey sciolde, mey spada ende mey furka ende mey etekeris orde.“ „Da wählte Magnus die fünfte Küre - und alle Friesen stimmten zu, dass sie auf keiner Heerfahrt weiter ziehen wollen als ostwärts bis zur Weser und westwärts bis zum Fly und nicht weiter in das Land als hin zur Flutzeit und zurück zur Zeit der Ebbe, weil sie Tag und Nacht das Meeresufer vor dem nordischen König und vor der Flut der wilden Wikinger mit fünf Waffen schützen: Mit Schwert und Schild, mit Spaten und Forke und mit der Spitze des Speeres.“ Die Gefangenen wurden auch zum Bau von Befestigungen herangezogen. In den Miracula S. Benedicti des Adrevald von Fleury (kurz nach 867 geschrieben) wird berichtet, dass christliche Gefangene ein festes Lager errichten mussten, während die Normannen sich erholt hätten. Auf der anderen Seite werden die Tapferkeit und die Ausdauer der Wikinger durchaus anerkannt. Im Heldengedicht über die Schlacht bei Maldon, in der die Norweger einen entscheidenden Sieg erringen, werden sie als tapfere See-Helden geschildert. Auch Regino von Prüm zollt der Tapferkeit der Wikinger durchaus seine Anerkennung. In seiner Chronik zum Jahre 874 schildert er die Begegnung zwischen Vurfand, einem Vasallen König Salomons, mit dem Wikinger Hasting. Die beiden begegnen sich durchaus von gleich zu gleich und respektieren einander als Mitglieder der gleichen Kaste. Zum Jahr 888 beginnt er die Schilderung der Belagerung von Paris mit dem anerkennenden Satz: „Eodem anno Nortmanni, qui Parisiorum urbem obsidebant, miram et inauditam rem, non solum nostra, sed etiam superiore aetate fecerunt.“ „Im selben Jahr vollbrachten die Normannen bei der Belagerung von Paris eine wunderbare und nicht nur in unseren, sondern auch in den früheren Zeiten unerhörte Tat.“ – Reginonis chronica 888. Dabei schildert er ein paar Zeilen weiter auch, dass sie ganz Burgund durch Raub, Mord und Brand zu Grunde gerichtet hätten. Von einem antinormannischen schematischen Verdammungsklischee kann also keine Rede sein. Die fränkischen Quellen sprechen von ungeheurer Beute, die die Wikinger auf ihren Raubzügen gemacht hätten. Damit stimmen aber die vergleichsweise bescheidenen Schatzfunde in Skandinavien nicht überein. Der allmähliche Übergang zu Überwinterungslagern im Frankenreich und auch in England zeigt eine sich von den heimatlichen Strukturen lösende soziale Gruppe, die in den sich entwickelnden zentralistischen Strukturen Skandinaviens nicht mehr integriert werden konnte. Die gewaltigen Schätze wurden nicht mehr in die Heimat gebracht. Die Wikinger, die in den fränkischen Quellen beschrieben werden, sind ein anderer Menschenschlag als der, den Egill Skallagrimsson verkörpert oder der auf den Runensteinen gepriesen wird. Über die Aufteilung der Beute geben die Quellen keine Auskunft. Wenn in The Anglo-Saxon Chronicle zum Jahre 897 gesagt wird, dass diejenigen Dänen, die kein Geld hatten, sich auf ihren Schiffen wieder nach Frankreich begaben, so deutet das darauf hin, dass diese Schätze offenbar nicht jedermann in gleichem Maße zur Verfügung standen. Die Führung Ursprünglich waren die Wikingerkönige Seekönige ohne Land. Es handelte sich um Anführer von Raubzügen aus königlicher Familie. Sie sollen sogar auf ihren Schiffen überwintert haben. Denn in einer Beratung zwischen König Olav dem Heiligen und dem Schwedenkönig Önund sagt Olav: „Wir haben doch ein sehr starkes Heer und gute Schiffe die Menge, und wir können sehr wohl den ganzen Winter hindurch an Bord unserer Schiffe bleiben nach der Art der alten Wikingerkönige.“ Aber da versagen ihm die Schiffsleute die Gefolgschaft. Eine Überwinterung vor Ort kommt bei ihnen nicht in Betracht. Im fränkischen Verständnis der Wikingerzeit waren “König” und “Volk” bereits einander zugeordnete Größen. Das war noch im 6. Jahrhundert anders. Befehls- und Disziplinargewalt des damaligen Heerführers waren noch sehr beschränkt. Als Karl der Große 810 erfuhr, dass eine Flotte König Gudfreds mit 200 Schiffen aus Nordmannia in Friesland eingefallen sei, wurde an seinem Hof auch ein Hauptangriff zu Lande erwartet, so dass sich der Kaiser veranlasst sah, dieser Gefahr persönlich mit einem Heer zu begegnen. Wenn auch die Zahl 200 übertrieben ist, so ist doch von einer großen Flotte auszugehen. Als er vor Ort eingetroffen war, stellte sich heraus, dass die Flotte bereits abgezogen und Gudfred ermordet war. Da Friesland von den jütischen Herrschern als ihr Interessengebiet betrachtet wurde, ist es zweifelhaft, ob Gudfred diesen Raubzug tatsächlich veranlasst hatte. Aber am Hofe Karls des Großen konnte man sich bei einer so großen Zahl von Schiffen anderes nicht denken. Auch den Bau des Danewerkes konnten sich die Franken nicht anders vorstellen, als dass er durch einen Beschluss des Königs veranlasst worden sei. Archäologische Untersuchungen haben aber ergeben, dass er viel früher und in mehreren Phasen errichtet worden ist. Karl der Kahle versuchte 860 und in den folgenden Jahren erfolglos, die Nordmannengruppen, die im Seine-Gebiet umherzogen, durch Tributzahlungen, Treueversprechen und Taufen zu bändigen, ohne zu berücksichtigen, dass für diese das Christentum und das Lehnsrecht und überhaupt das “fränkische System” ohne Bedeutung war. Er gab ihrem Anführer (“rex”) Sigfried 886 ein hohes Lösegeld, damit er die Belagerung von Paris abbräche. Sigfrid nahm das Lösegeld und zog tatsächlich ab. Aber ein Teil seiner Truppen wähnte sich um die Beute geprellt und setzte gegen seinen Willen die Belagerung fort. Dabei verloren zwei weitere “reges” ihr Leben. Gleichwohl wurde die Belagerung fortgesetzt, was darauf hindeutet, dass noch mehr “reges” vor Ort waren. Es operierten immer nur kleine Gruppen nebeneinander, ein einheitliches Oberkommando gab es allenfalls für gemeinsame Aktionen, die Autorität des Anführers war nur durch seinen Erfolg beim Beutezug gewährleistet, wenn er auch immer aus dem Adel stammte. Die einzig wirklich anerkannte Befehlsgewalt über einen Krieger dürfte wohl nur vom einzelnen Schiffsführer ausgegangen sein, soweit dies zur Handhabung des Schiffes notwendig war. Daneben werden in den fränkischen Quellen die Bezeichnungen “princeps”, “dux” und “comes” verwendet, wenn es sich um kleinere Einheiten handelt. Dabei muss die zu befehligende Gruppe nicht groß sein. Hundeus fährt 896 mit fünf Barken in die Seine ein. Er wird in den Annales Vedastani zum Jahre 896 als “dux” bezeichnet. Die Dynamik der Wikinger-Raubzüge ging relativ rasch wenigstens teilweise in reguläre Kriegszüge mit politischem Hintergrund über. Das unterscheidet sie von den wendischen Seeräubern im 12. Jahrhundert. Dieser Unterschied drückt sich auch in den Quellen aus, in denen die heidnischen Slaven immer Barbaren genannt werden, während dies bei den heidnischen Skandinaviern nicht immer der Fall ist, sondern sie häufig dani, normanni oder suenes heißen. Das politische Ziel der Herrschaftsausweitung setzte sich bei den Kriegszügen erst ganz allmählich durch. Reine Beutelust bei den Kriegern und politische Ziele bei den Anführern verschränkten sich noch lange Zeit, weshalb die Zuordnung eines Kriegszuges zu “Wikingerzügen” oder “Eroberungskriegen” höchst problematisch ist. Diese Entwicklung findet ihren literarischen Niederschlag darin, dass in den Königssagas die regierenden Könige trotz aller kriegerischer Unternehmungen, die natürlich auch mit Beute verbunden waren, nie „Wikinger“ genannt werden. Im Zusammenhang mit Harald Blauzahn wird von seinem Neffen Gullharald berichtet, dass er, da er nicht König wurde, stattdessen “Wikinger” wurde. Hier wird also nur der nicht zum Zuge kommende Thronprätendent als “Wikinger” bezeichnet, der seinen Unterhalt durch Raubzüge erstreitet. Abgrenzungsprobleme Bei der Schilderung der Aktivitäten ist zu berücksichtigen, dass es keine Abgrenzungen gibt. Der Überfall zu Beginn der Wikingerzeit auf schottische Klöster und die regulären Kriegszüge nach England, bei denen man eher von Invasionen sprechen muss, oder die Kämpfe um Dublin sind prinzipiell verschieden. Die Übergänge sind fließend. Das eine Unternehmen den Wikingern zuzuschreiben, andere aber als solche von Nordmannen zu bezeichnen, kann zu einer willkürlichen Trennung von historisch Zusammengehörigem führen. Denn was als Wikingerüberfall begann, kann von den gleichen Mannschaften unter neuer Führung später zu einer regelrechten Invasion oder zu einem regulären Kriegszug mit Plünderungen als Begleiterscheinung geraten. Außerdem ist zwischen punktuellen Überfällen und den regulären und größer angelegten Raubzügen zu unterscheiden. Ein typisches Beispiel bietet Einhards Leben Karls des Großen: „Ultimum contra Normannos, qui Dani vocantur, primo pyraticam exercentes, deinde maiori classe litora Galliae atque Germaniae vastantes, bellum susceptum est. Quorum rex Godofridus adeo vana spe inflatus erat, ut sibi totius Germaniae promitteret potestatem.“ „Als letzter Krieg wurde der gegen die Normannen unternommen, die Dänen genannt werden, und zuerst Seeräuberei trieben, dann mit einer größeren Flotte die Küste Galliens und Germaniens verwüsteten. Ihr König Gudfred war von so eitler Hoffnung aufgeblasen, dass er sich die Herrschaft über ganz Germanien versprach.“ – Einhardi vita Karoli, Kap. 14, übersetzt von Reinhold Rau. Hier wird im Zeitschema “zuerst - dann” deutlich zwischen Raubüberfall und groß angelegten Plünderungszügen unterschieden und anschließend die räumliche Eroberung durch den König angesprochen. Auf jeden Fall ist den Quellen nirgends zu entnehmen, dass die Überwinterungsstützpunkte in Franken oder in England als Vorläuferaktionen zu einer Landnahme gesehen wurden. Ein Umschwung der Zielsetzung ist in England erst zu beobachten, als 875/876 das Danelag entstand und die Normannen begannen, sich regulär niederzulassen. Für das Frankenreich ist hier die Belehnung Rollos zu nennen. Aber damit endeten die Raubzüge der Wikinger keineswegs, sondern die Siedlungstätigkeit nahm ganz allmählich zu und die privaten Raubzüge nahmen ebenso allmählich ab. Deshalb werden die Aktivitäten der Nordmänner in der Wikingerzeit ohne Unterscheidung zwischen Wikinger im engeren Sinne und Nordmannen im Artikel Wikingerzeit dargestellt. Dort finden sich auch die Theorien über die Gründe für diese Entwicklung. Verhältnis zwischen Raub und zivilem Erwerb Aus den Silberdepotfunden lässt sich auch nicht erkennen, welcher Anteil auf Raub oder Lösegeld und welcher auf den Handel zurückzuführen ist, wenn auch diese Tätigkeiten in den Quellen terminologisch scharf getrennt werden. So heißt es in der Egilssaga über den Seefahrer Björn: „Björn var farmaðr mikill, var stundum í víking, en stundum í kaupferðum;“ „Björn war ein großer Seefahrer und war zeitweise auf Wikingfahrt und zeitweise auf Handelsfahrt;“ – Egils saga Kap. 21. Von Björn, dem Sohn Harald Hårfagres, König über Vestfold wird ausdrücklich betont, dass er selten in den Krieg zog, sondern von Tønsberg aus Handelsverbindungen nach Vik in der Nähe, nach den Ländern im hohen Norden, nach Dänemark und dem Sachsenland unterhielt und deshalb den Beinamen “Seefahrer” oder “Kaufmann” erhielt. Hier wird terminologisch zwischen Handelsfahrt und Wikingfahrt unterschieden. Ob die Wikinger allgemein Handel trieben, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen und ist eher unwahrscheinlich. Denn nach einigen Quellenberichten befanden sich innerhalb ihrer Kontingente auch gesonderte Händler, die auch getrennt aufgeführt werden. Dann wurde der Sklavenverkauf über sie abgewickelt. Die unten geschilderten reichen Hacksilberfunde in England legen nahe, dass mit dem geraubten Gut, insbesondere Sklaven, Handel getrieben wurde. Ob aber die Wikinger selbst die Händler waren oder nur Zulieferer für von ihnen zu unterscheidende Händler, lässt sich nicht flächendeckend beurteilen. Sklaven waren ein Teil der Beute. Sie wurden auch nach Skandinavien verbracht, und Ansgar trifft in Birka auf christliche Sklaven. Aus den Runeninschriften über die Fahrten der Toten zu ihren Lebzeiten und über die Erlebnisse der Heimgekehrten lassen sich nur begrenzt Rückschlüsse auf das Verhältnis zwischen Raubfahrten und Handelsfahrten ziehen. Da die Runensteine der ausgehenden Wikingerzeit Gedenksteine sind, beziehen sie sich überwiegend auf die Toten. Der Händler, der den Reichtum eines Klosters wahrnahm, konnte im folgenden Jahr als Mitglied eines Raubzuges das gleiche Kloster aufsuchen. Der Seeräuber konnte das geraubte Gut, zum Beispiel Sklaven, auf einem Markt als Ware feilbieten. Es ist überhaupt nicht davon auszugehen, dass sich überall alle Wikinger gleich verhielten. Das gilt auch für die Mitglieder reiner Räuberbanden. Es spricht viel dafür, dass der Stein, der in Rösås (Kronobergs län) gefunden wurde, für einen christlichen Kaufmann in England Anfang des 11. Jahrhunderts errichtet wurde, da der Bestattungsort Bath weit außerhalb des skandinavischen Siedlungsgebietes liegt. Das spricht für eine Trennung zwischen Wikinger und Händler, da dieser Mann dann nicht als Wikinger gelten kann. Rimbert schildert den Einfall der Schweden in Kurland um 852. Dort werden im Heer neben den Kämpfern auch “negotiatiores” (Händler) erwähnt und von diesen deutlich unterschieden, die bei der erfolglosen Belagerung Grobiņas vorschlagen, mit einem Losorakel bei Christus um Hilfe nachzufragen. Ein wohl damals typisches Verhalten wird in der Geschichte Olavs des Heiligen geschildert. Þórir hundur, Karli und dessen Bruder Gunsteinn fahren auf víking nach Bjarmaland: „En er þeir komu til Bjarmalands þá lögðu þeir til kaupstaðar. Tókst þar kaupstefna. Fengu þeir menn allir fullræði fjár er fé höfðu til að verja. Þórir fékk óf grávöru og bjór og safala. Karli hafði og allmikið fé það er hann keypti skinnavöru marga. En er þar var lokið kaupstefnu þá héldu þeir út eftir ánni Vínu. Var þá sundur sagt friði við landsmenn. En er þeir koma til hafs út þá eiga þeir skiparastefnu. Spyr Þórir ef mönnum sé nokkur hugur á að ganga upp á land og fá sér fjár. Menn svöruðu að þess voru fúsir ef féföng lægju brýn við. Þórir segir að fé mundi fást ef ferð sú tækist vel „en eigi óvænt að mannhætta gerist í förinni.“ Allir sögðu að til vildu ráða ef fjárvon væri.“ „Als sie nun in Bjarmaland kamen, ankerten sie bei einem Handelsplatz, und dort fand ein Markt statt, und die, die reichlich zahlen konnten, erwarben sich dort Waren in Fülle. Þórir kaufte sich eine Menge Grauwerk sowie Biberfelle und Zobelpelze. Auch Karli hatte reichlich Geld, wovon er viel Pelzwerk kaufte. Als nun der Markt geschlossen war, segelten sie den Dwinastrom hinab, und darauf wurde der Friede mit der Landbevölkerung für beendet erklärt. Als sie nun auf die See hinausgekommen waren, da hielten die beiden Heerhaufen eine Beratung darüber ab, und Þórir fragte, ob die Männer alle gesonnen seien, an Land zu gehen und dort Beute zu machen. Die Männer erwiderten, sie täten das sehr gerne, wenn bestimmte Beute in Aussicht stehe. Þórir erklärte, man werde dort wohl sicher Beute machen, wenn ihr Zug einen guten Ausgang nehme, aber es sei nicht unwahrscheinlich, dass Menschenleben auf der Fahrt aufs Spiel gesetzt werden müssten. Da erklärten alle, man wolle den Zug schon wagen, wenn man auf Beute hoffen dürfe.“ – Heimskringla. Ólafs saga helga. Kap. 133. Übs. von Felix Niedner. Snorri und seine Leser hielten es jedenfalls für die Zeit Olavs des Heiligen für selbstverständlich, dass auf der gleichen Fahrt gehandelt und geraubt wurde, ja, es ist sogar ein Ritual für den Wechsel angedeutet, indem der Friede besonders “aufgekündigt” wird. Außerdem erkennt man die besondere Motivation durch zu erwartende Beute. Wenn keine Beute zu erwarten war, unterließ man kriegerische Unternehmungen. „Þar var skammt á land upp jarl sá, er Arnfinnur er nefndur; en er hann spurði, að víkingar voru þar komnir við land, þá sendi hann menn sína á fund þeirra þess erindis að vita, hvort þeir vildu þar friðland hafa eða hernað. En er sendimenn voru komnir á fund Þórólfs með sín erindi, þá sagði hann, að þeir myndu þar ekki herja, sagði, að þeim var engi nauðsyn til að herja þar og fara herskildi, sagði, að þar var land ekki auðugt.“ „Etwas landeinwärts wohnte ein Jarl namens Arnfin. Als er hörte, dass Wikinger ins Land gekommen seien, sandte er seine Mannen ihnen entgegen mit dem Auftrag zu erkunden, ob sie in Frieden oder in Feindschaft kämen. Da die Gesandten mit ihrer Botschaft zu Thorolf kamen, sagte dieser, sie würden hier nicht heeren. Er meinte, sie empfänden gar kein Bedürfnis dort zu heeren und kriegerisch vorzugehen. Das Land sei ja nicht reich.“ – Egils saga Kap. 48. Diese untrennbare Verschränkung von Raub und zivilem Erwerb wird besonders am Begriff des “felagi” (Plur.: felagaR) deutlich, das den “Genosse” bedeutet. “FelagaR” waren Männer, die Teile ihres beweglichen Vermögens zu einem gemeinsamen Kapital zusammenlegten, das einem gemeinsamen Unternehmen diente. Gewinn und Risiko trugen sie gemeinsam. Aber auch Kameraden auf gemeinsamem Kriegszug waren felagaR. Welcher Art die Unternehmungen waren, ist umstritten. Finnur Jónsson verfocht die Auffassung, es habe sich um reine Handelsfahrten gehandelt, Magnus Olsen hielt die Felagi dagegen für Kameraden auf dem Kriegszug. Die Verfasser der Danske Runeinnskrifter nehmen für die dänischen Runensteine ausschließlich die kriegerische Bedeutung an. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in der frühen Zeit des Raubhandels nicht überall eine strikte Trennung zwischen diesen Betätigungen gegeben war. Für die Wikinger, die im 9. Jahrhundert das Frankenreich und England heimsuchten, gilt das nicht. Männer, die mehrere Jahre in befestigten Lagern hausten und brennend und mordend durch die Lande streiften, waren keine heimatverbundenen Bauern und hatten auch keine Kenntnisse auf dem Gebiet des Handels. Das war eine völlig andere soziale Gruppe mit eigenen Gesetzen und Handlungsnormen. Es war auch nur ein Teil der norwegischen und dänischen Männer, die diese Wikingerkarriere einschlugen. Andere beteiligten sich an dem einen oder anderen Unternehmen, und die meisten dürften sich überhaupt nicht beteiligt haben. Vertragstreue In den fränkischen und angelsächsischen Quellen wird die Vertragstreue unterschiedlich beurteilt. Da Verträge personengebunden waren, hing sie sicher vom Charakter und der Einstellung der vertragschließenden Personen ab. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass Vertragstreue nicht unbedingt ethisch motiviert sein muss. Mit Personen, die Verträge nicht einhalten, schließt man keine weiteren Verträge. Wenn immer wieder Tributzahlungen an Wikinger geleistet worden sind, um sie von Angriffen abzuhalten, müssen also die tributzahlenden Vertragspartner die Erfahrung gemacht haben, dass danach die Angriffe in aller Regel auch unterblieben. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass zur damaligen Zeit Verträge nur zwischen den Personen galten, die sie schlossen und darüber hinaus keine Wirksamkeit entfalteten. Das ist auch aus den kontinentalen Vasallenverträgen bekannt, die nur zu Lebzeiten beider Partner galten und beim Tode des Herrn (Herrenfall) oder des Vasallen (Mannfall) endeten. Dies galt als allgemeiner Grundsatz auch für die Wikinger. „Anno Domini incarnationis DCCCLXXXIIII. Nortmanni , qui ab Haslon recesserant, Somnam fluvium intrant ibique consederunt. Quorum creberrimas incursiones cum Carlomannus sustinere non posset, pecuniam pollicetur, si a regno eius recederent. Mox avidae gentis animi ad optinendam pecuniam exardescunt et XII milia pondera argenti puri atque probati exigunt totidemque annis pacem promittunt. Accepta tam ingenti pecunia funes a litore solvunt, naves concendunt et marina litora repetunt. … Nortmanni cognita morte regis protinus in regnum revertuntur. Itaque Hugo abba et ceteri proceres legatos ad eos dirigunt, promissionem et fidem datam violatam esse proclamant. Ad hac illi respondent, se cum Carlomanno rege, non cum alio aliquo foedus pepigisse; quisquis ille esset, qui ei in regnum succederet, eiusdem numeri et quantitatis pecuniam daret, si quiete ac pacifice imperium tenere vellet.“ „Im Jahr der göttlichen Menschwerdung 884 laufen die Normannen, die von Asselt abgezogen waren, in die Somme ein und ließen sich dort nieder. Da Karlmann ihren häufigen Einfällen nicht widerstehen konnte, verheißt er ihnen Geld, wenn sie sein Reich verließen. Bald brennen die Herzen dieses gierigen Volkes nach dem Empfange des Geldes, sie erheben 12.000 Pfund reinen und geläuterten Silbers und versprechen auf ebensoviel Jahre den Frieden. Nachdem sie eine so ungeheure Summe erhalten hatten, lösen sie die Taue von dem Ufer, besteigen ihre Schiffe und eilen nach den Seegestaden zurück. … [Im gleichen Jahr stirbt Karlmann] … Die Normannen kehren, als sie den Tod des Königs erfahren, sofort in das Reich zurück. Der Abt Hugo und die übrigen Großen schicken daher Gesandte zu ihnen und halten ihnen vor, sie hätten ihr Versprechen und die von ihnen eingegangene Verpflichtung verletzt. Hierauf erwidern jene, sie hätten mit dem König Karlmann, nicht mit irgend jemand anderem, einen Vertrag geschlossen; wer der auch sein möchte, der ihm in der Regierung nachfolge, er müsse eine Geldsumme von gleichem Betrage und Gewicht hergeben, wenn er sein Reich in Ruhe und Frieden besitzen wolle.“ – Reginonis chronica zum Jahr 884. Während in den Quellen ganz überwiegend festgehalten wird, dass die Wikinger nach Erhalt des Lösegeldes ihren Teil der Abmachung einhielten und abzogen, so wird doch hin und wieder geschildert, dass sie es mit der Vertragstreue nicht genau nahmen. Als sie in Angers von König Karl belagert wurden und in ernsthafte Gefahr gerieten, ihre Schiffe zu verlieren, da boten sie Lösegeld für freien Abzug an. „Rex turpi cupiditate superatus pecuniam recepit et ab obsidione recedens hostibus vias patefecit. Illi conscensis navibus in Ligerim revertuntur et nequaquam, ut spoponderant, ex regno eius recesserunt; sed in eodem loco manentes multo peiora et inmaniora, quam antea facerant, perpetrarunt.“ „Von schnöder Habgier übermannt nahm der König [Karl der Dicke] das Geld an, hob die Belagerung auf und gab den Feinden die Straße frei. Jene besteigen ihre Schiffe und kehren in die Loire zurück, entfernen sich aber keineswegs aus seinem Reiche, wie sie gelobt hatten, sondern in derselben Gegend verbleibend verübten sie noch viel schlimmere und unmenschlichere Dinge, als sie zuvor getan hatten.“ – Reginonis chronica zum Jahre 873. Als eklatanten Vertragsbruch schildert der Mönch von St. Vaast das Verhalten der Normannen bei der Belagerung von Meaux: „Interim Nortmanni Meldis civitatem obsidione vallant, machinas instruunt, aggerem comportant ad capiendam urbem. … Cumque hi qui infra civitatem erant inclusi, obsidione pertesi, fame attenuati, mortibus etiam suorum nimis afflicti, cernerent ex nulla parte sibi auxilium adfuturum, cum Normannis sibi notos agere coeperunt, ut data civitate vivi sinerentur abire. Quid plura? Refertur ad multitudinem, et sub spetie pacis obsidens dant. Reserantur portae, fit via Christianis, ut egrediantur, delegatis his qui eos quo vellent ducerent. Cumque amnem Maternam transissent et longius a civitate processissent, Nortmanni eos omnes insecuti comprehenderunt ipsum episcopum cum omni populo.“ „Unterdessen belagerten die Normannen die Stadt Meaux, stellten Belagerungsmaschinen auf und errichteten einen Damm, um die Stadt zu erobern. … Und da die in der Stadt Eingeschlossenen, durch die Belagerung ermattet, durch Hunger entkräftet und durch den Tod der ihrigen sehr betrübt, sahen, dass von keiner Seite Hilfe kommen werde, fingen sie an, mit Normannen, die ihnen bekannt waren, zu unterhandeln, dass sie nach Übergabe der Stadt ihres Lebens sicher abziehen dürften. Was weiter: der Vorschlag wurde der Mennge mitgeteilt und von den Normannen zum Schein Geiseln gegeben. Die Stadttore wurden geöffnet, den Christen wurde der Weg freigemacht und ihnen Leute bestimmt, um sie zu führen, wohin sie wollten. Nachdem sie aber die Marne überschritten und sich schon weiter von der Stadt entfernt hatten, brachen die Normannen alle zu ihrer Verfolgung auf und machten den Bischof mit dem ganzen Volk zu Gefangenen.“ – Annales Vedastini zum Jahre 888. In den angelsächsischen Quellen überwiegen die Schilderungen von Vertragsbrüchen. Im Jahre 876 kam es nach längeren Kämpfen zu einem Vergleich, in welchem die Wikinger eidlich versprachen, Northumberland zu verlassen. Sie leisteten den Eid sowohl nach heidnischer Sitte auf den heiligen Armring und nach christlicher auf die Reliquien. Doch wurde der Schwur nicht gehalten, und noch im gleichen Jahr setzte sich Halfdan in Northumberland so fest, dass er das Reich unter die Seinigen aufteilen konnte. Das Ende Das Ende der Raubzüge fällt nicht mit dem Ende des Zeitraums zusammen, den man Wikingerzeit (1066 mit der Schlacht bei Hastings) nennt. Denn schon vorher hatten die privaten Raubzüge ihr Ende gefunden. Die Datierung des Endes hängt damit zusammen, dass man auch die Plünderungszüge norwegischer Könige im Zuge ihrer Kriege mit einbezieht, die sogar noch unter Magnus Berrføtt (1073-1103) stattfanden, weshalb man ihn auch als den letzten Wikingerkönig bezeichnet hat. Aber diese Plünderung war die damals in ganz Europa übliche Art, einen Krieg zu finanzieren, und ist nichts, was spezifisch auf Wikinger zu beziehen ist. Die nachfolgend beschriebenen Ansiedlungen und Landzuweisungen führten keineswegs zu einem Ende der Raubzüge. Aus den Mörderbanden wurden nicht friedliche Bauern und Familienväter. Die Quellen berichten auch nach den Landzuweisungen von blutigen Kämpfen. Vielmehr ist eine allgemeine Erschöpfung der beteiligten Wikinger und eine Überalterung der Teilnehmer wahrscheinlicher. Das Eintrittsalter in eine Gefolgschaft wird mit 18 Jahren angesetzt. Mit 50 Jahren endete das Kriegerdasein. Nach den Quellen waren die gleichen Gruppen viele Jahre unterwegs. Die Verluste bei den Kämpfen konnten allmählich nicht mehr aus der ursprünglichen Heimat aufgefüllt werden, da sich dort die negative Bewertung der raubenden Brandschatzung im Zuge der Erstarkung der Königsmacht immer mehr durchsetzte. Hinzukam die allmählich erstarkende Abwehr in den betroffenen Gebieten, die die vorher mehr oder weniger gefahrlosen Raubzüge immer mehr zum unkalkulierbaren Risiko werden ließ. So ist der Übergang zu nach damaligen Maßstäben zivilisiertem Verhalten zum einen dem biologischen Generationenwechsel, zum anderen den Frauen zuzuschreiben, die sich ja zum weitaus größten Teil aus der Bevölkerung vor Ort rekrutierten und daher ihre Kultur der nachfolgenden Generation vermittelten, während die marodierenden Wikingerbanden keine eigene Kultur hatten, die sie hätten tradieren können. England In England setzte das Ende der Raubzüge mit den ersten Niederlassungen in Northumbrien im Jahre 876 ein und war im Wesentlichen um 918 abgeschlossen. Das bedeutet, dass sich das Ende bereits abzeichnete, als sich die Christianisierung Skandinaviens noch nicht durchgesetzt hatte, so dass dieser Vorgang nicht als Ursache herangezogen werden kann. Für England berichtet die Angelsächsische Chronik: „& þy geare Healfdene Norþanhymbra lond gedælde. & ergende wæron & hiera tilgende.“ „… und Halfdan verteilte das Land der Northumbrier, und sie begannen von da an zu pflügen und sich selbst zu versorgen.“ – The Anglo-Saxon Chronicle, Manuscript A, zum Jahre 876 und Asser schreibt „Eodem quoque anno Halfdene, rex illius partis Northanhymbrorum, totam regionem sibimet et suis divisit, et illam cum suo exercitu coluit.“ „In diesem Jahr teilte Halfdan, der König dieses Teils von Northumbrien, die ganze Region unter sich und die seinen auf und bebaute es mit seinem Heer.“ – De rebus gestis Ælfredi zum Jahre 876. Die Beteiligten aus dem exercitus waren noch Krieger, nicht Bauern. Die Sesshaftigkeit war Ergebnis der vorangegangenen Gewalt, nicht deren Ziel. In einer weiteren Stufe ließen sich Wikingergruppen 877 und 880 in Merciaund Ostanglien unter Führung von Guthrum nieder. Æthelweard schreibt, dass alle Einwohner dieses Landes unter das “Joch seiner Herrschaft” (sub iugo imperii sui) gebracht wurden. Auch hier war offenbar Gewalt noch an der Tagesordnung. Ein Teil seines Kontingentes zog 880 zu weiteren Plünderungszügen nach Frankreich. 893 kamen sie aber mit 250 Schiffen nach England zurück. 897 teilte sich das Kontingent abermals nach schweren Kämpfen, und der eine Teil ging zu den Dänen in Northumbria und Ostanglien, der andere wieder nach Frankreich. Allmählich löste sich der wikingische Raubverband auf. Aus der Gesamtschau des Quellenbestandes leitet Zettel ab, dass der Grund für diese Entwicklung in der sich steigernden Abwehr der englischen Aristokratie auf der einen Seite und der zunehmenden Erschöpfung der normannischen Kampfressourcen auf der anderen Seite zu suchen sei. 875 hatte sie Alfred bei Ashdown besiegt. 877 hatten die Wikinger bei einem Sturm 120 Schiffe verloren. Darauf verfolgte sie Alfred zu Lande, was dann zur Niederlassung in Mercia führte. Ein solcher Aderlass war nicht bald zu kompensieren. Aber die den Gesamtvorgang begleitenden harten Kämpfe zeigen, dass hier noch marodierende Kampfgefolgschaften existierten. Der Integrationsprozess wird auf etwa 100 Jahre, also mindestens drei Generationen geschätzt. Frankreich Im Jahre 897 zogen diejenigen Dänen, die kein Geld hatten, zu Schiff wieder nach Frankreich. Offenbar konnten sie sich bei ihren Stammesgenossen nur gegen Geld niederlassen. 896 kamen 5 normannische Schiffe in die Seine. Es kamen weitere Schiffe hinzu, und diese fuhren in die Oise und ließen sich in Choisy nieder. 897 machten sie einen Raubzug bis zur Maas. Aus Furcht vor dem auftauchenden königlichen Heer zogen sie an die Seine und führten dort weitere Plünderungszüge durch. Ihr Anführer Hundeus ließ sich 897 taufen und verschwindet danach aus den Quellen. Stattdessen tritt nun Rollo hervor. Dieser erlitt in der Folgezeit mehrere schwere Niederlagen gegen die entschlossener werdende Abwehr der Franken unter Graf Robert und Herzog Richard, die er nicht mehr hinreichend kompensieren konnte. In den Quellen wird der Zusammenhang zwischen diesen Verlusten und der Bereitschaft zur Christianisierung immer wieder beschrieben. Es bestand die akute Gefahr einer vollständigen Vernichtung. Rollo kam nicht als Staatengründer aus dem Norden, sondern ihm und dem Rest seiner Mannschaft, der von dem bereits dezimierten Teil der Normannen, die 896 aus England gekommen waren, noch übrig geblieben war, wurde ein begrenztes Gebiet als Wohnsitz zugewiesen “pro tutela regni” (unter dem Schutz des Königs) Dabei wird der Übertritt zum Christentum als Mittel zur Besänftigung der Mordlust betrachtet und zur Bedingung der Landzuweisung. Für einen Plan, in der Normandie eine eigene Herrschaft zu begründen, also für einen Eroberungskrieg der Normannen gibt es in den Quellen keinen Hinweis. Allgemein wird der Abschluss des langwierigen Integrationsprozesses in der Normandie auf die Zeit um das Jahr 1000 angesetzt. Dabei spielte eine besondere Rolle, dass die Normannen bereits 920 in die innerfränkischen Auseinandersetzungen hineingezogen wurden. Aber für die ersten zwei Jahrzehnte nach dem Vertragsschluss überwiegen noch die Raubzüge. Sie fanden in der Bretagne, Aquitanien, in der Auvergne und Burgund statt. Die Wortwahl “depraedari”, “vastare” und “pyratae” bei Flodoard und in anderen Quellen lässt noch keinen Unterschied zur Zeit davor erkennen. Es werden wie vorher hohe Tribute für den Frieden erpresst. Neu ist hier die Forderung nach Land, die 924 zur Überlassung weiterer Gebiete, darunter Bayeux, führte. Auch unter dem Sohn Rollos Wilhelm kam es noch zu Plünderungszügen. Die Überfälle auf die Gebiete der Rhein- und Waalmündung 1006 und 1007 waren nur noch sporadische Überfälle im Stil der Wikinger, aber nicht vergleichbar mit den großen Plünderungszügen der Vergangenheit. Ausrüstung Das Wichtigste für die Wikinger waren die Schiffe und die Waffen. Schiffe und Mannschaft Für einen Wikinger war das wichtigste das Schiff. Für die Wikinger der Sagas sind die Schiffstypen einigermaßen bekannt. Es handelte sich in der Regel um Langschiffe unterschiedlicher Größe. Dass die Wikinger Pferde mitführten, ist unwahrscheinlich. In den Quellen wird dazu nichts berichtet. Angesichts der Ruderbänke im Abstand von 70-100 cm und der zu verstauenden Ausrüstung wäre das auch eher schwierig gewesen, zumal Wasser und Futter hätten mitgeführt werden müssen. Soweit Pferde zum Einsatz kamen, dürften sie vor Ort rekrutiert worden sein. Asser berichtet, die Normannen hätten zur Belagerung von Rochester 884 ihre Pferde von Frankreich mitgebracht. Im übrigen berichten er und die Anglosaxon Cronicle (zum Jahr 866), dass die Pferde vor Ort requiriert wurden. Ob die Wikinger selbst zu Pferde kämpften, ist nicht überliefert. Aber der Kampf zu Pferde war durchaus bekannt. Bei den Wikingereinfällen im Frankenreich wird in keiner Quelle die Zahl der beteiligten Krieger genannt, sondern nur, dass es sich um ungeheure Mengen gehandelt habe. In einigen Quellen wird aber die Zahl der Schiffe angegeben. Um welche Schiffe es sich handelte, wird nicht gesagt. In angelsächsischen Quellen ist von “scip-hlæst” die Rede, was eine Kampfgemeinschaft auf einem Schiff bedeutet, ohne dass es einen Hinweis auf die Zahl gibt. Zettel geht von einer durchschnittlichen Mannschaftsstärke von 25-50 Männern aus. Das würde den kleinsten Langschiffen (13-Ruderer) entsprechen und multipliziert diese Zahlen mit den seltenen Angaben über die Schiffszahlen. So kommt er dazu, dass die in den “Reichsannalen” erwähnten 13 Schiffe, die die flandrische Küste brandschatzten, eine Mannschaftsstärke von 350 bis 650 Mann transportierten. Das klingt plausibel, da sie von der örtlichen Bevölkerung abgewehrt werden konnten. Die Miracula S. Filiberti erwähnen 843 einen Angriff auf Nantes mit 67 Schiffen, was zu einer Truppe von zwischen 1.700 und 3.400 Mann führen würde. Eine weitere Quelle schildert eine Flotte von 120 Schiffen, die 845 in die Seine einlief und nach Paris vorrückte. Dieser Zahl würde eine Mannschaftsstärke zwischen 3.000 und 6.000 Mann entsprechen. Dann heißt es aber weiter, dass König Karl sich zwar zum Kampf rüstete, aber einsah, dass er die Normannen unmöglich besiegen konnte. Dass Karl aus seinem Hinterland keine entsprechende Truppe hat aufstellen können, erscheint wenig plausibel. Die Zahl der Wikinger dürfte da unterschätzt worden sein. Im Jahre 852 sollen die Normannen mit 252 Schiffen Friesland heimgesucht und Abgaben erhoben haben. Diese knappe Schilderung ohne Erwähnung von irgendwelchen Zerstörungen lässt nicht auf Wikinger sondern auf eine Flotte des dänischen Königs schließen. Es würde sich um eine Mannschaftsstärke zwischen 6.300 und 12.600 gehandelt haben. Zettel hält die Zahl der Schiffe für zu hoch, weil er von Wikingern ausgeht. Eine weitere Zahlenangabe findet sich in den Gesta Conwoionis Abbatis aus dem Kloster Redon an der Vilaine. Danach seien die normannischen Zerstörer von Nantes mit 130 Schiffen in die Vilaine eingelaufen. Das würde zu einer Mannschaftsstärke von 2.600 bis 6.500 Mann führen. Vom Normannenkönig Horich wird gesagt, er habe 600 Schiffe auf der Elbe gegen König Ludwig einlaufen lassen, was zu einer Mannschaftsstärke zwischen 15.000 und 30.000 Mann führen würde. Sie seien von einem Sachsenheer besiegt worden. Diese Zahl wird allgemein als unglaubwürdig angesehen und die Zahl von 60 für wahrscheinlicher gehalten. Diese Zahlen geben aber allenfalls die Größenordnungen wieder. Sie gehen von den kleinsten Langschiffen aus und unterstellen, dass alle Wikingerflotten nur mit diesem Schiffstyp operiert hätten. Waffen Man kann davon ausgehen, dass die Schiffsausrüstung eines Wikingerschiffes der in anderem Zusammenhang bekannten Schiffsausrüstung entsprach. Das gleiche kann man von der Bewaffnung sagen. In späterer Zeit, als die Wikinger im Ansehen rapide sanken, dürfte die Bewaffnung wesentlich schmuckloser geworden sein, wenn auch dank der Beutezüge nicht schlechter. In den Gräbern von Reitern fanden sich auch Zaumzeug, Sporen und Steigbügel. Sie waren aber offenbar nur den oberen Gesellschaftsschichten vorbehalten. In den Gräbern Berittener aus der jüngeren Wikingerzeit sind auch Lanzen als Stoßwaffe gefunden worden. In den fränkischen und angelsächsischen Quellen werden die Waffen der Wikinger nicht oder nur sehr beiläufig bei Kampfhandlungen erwähnt. Auch bei den Wikingern in Franken und in England waren die Hauptwaffen sicher Axt, Speer, Pfeil und Bogen. In der angelsächsischen Vita Oswaldi aus dem 10. Jahrhundert wird etwas näher auf die Bewaffnung eingegangen. Dort ist von “phaterae toxicatae” (mit Gift bestrichene Köcher) und “mucrones” (scharfe Spitzen) die Rede. Nirgends wird erwähnt, dass ihre Bewaffnung sich von der üblichen der damaligen Zeit unterschieden habe. Kampfweise und Formationen Während in den Sagas oft von heldenhafter Todesverachtung die Rede ist, ist davon in den kontinentalen und angelsächsischen Quellen nichts zu spüren. Hier wird bei aller Tapferkeit immer wieder der unbedingte Überlebenswille betont. Danach wurde immer das Angriffsrisiko analysiert und das eigene Vorgehen darauf abgestimmt. „Verum Nortmanni ad naves reversi, timentes multitudinem Exercitus, ne obsiderentur, in Sequanam redierunt, ibique toto demorantes aestate praedes agebant, nullo sibi resistente.“ „Nachdem jedoch die Normannen ihre Schiffe wieder erreicht hatten, kehrten sie, aus Furcht vor der Stärke des königlichen Heeres, um nicht eingeschlossen zu werden, in die Seine zurück. Hier bleiben sie den ganzen Sommer und machten Beute, ohne Widerstand zu finden.“ – Annales Vedastini zum Jahr 897. Außerdem achteten sie darauf, sich nicht zu weit von ihren Schiffen zu entfernen, die ihre Rückzugsmöglichkeit bildeten. „Nortmanni audita morte regis nimio exultant tripudio et iam non de conflictu sed de preda cogitant. Igitur cum omnibus viribus a munitione exiliunt et Trevirorum nobilissimam civitatem Galliarum Nonas Apr. die sacratissime cenae Domini occupant. In qua usque sancto die paschae fessa ab itinere corpora recreantes omne territorium urbis circumquaque usque ad solum demoliti sunt; deinde civitatem flammis exurentes Mediomatrico dirigund aciem. Quod cum comperisset eiusdem urbis antistes, adiuncto sibi Bertulfo episcopo et Adalardo comite ultro illis obviam ad Pugnam procedit. Inito certamine Nortmanni victores extiterunt. Isdem Wala episcopus in prelio cecit, ceteri fugerunt. Pagani iter, quod cepernat, deserentes cum ingenti preda summe celeritate ad classem revertuntur.“ „Als die Normannen den Tod des Königs (Ludwig) vernahmen, überlassen sie sich ungemessenem Jubel und denken jetzt nicht mehr an Kampf, sondern nur an Beute. Sie brechen also mit all ihren Streitkräften aus ihrem befestigten Lager hervor und erobern Trier, die berühmteste Stadt Galliens am 5. April, dem Tage des heiligsten Abendmales des Herrn. Hier ruhten sie bis zum heiligen Ostertage die vom Marsche ermüdeten Glieder aus und verwüsteten das ganze Gebiet der Stadt ringsumher von Grund aus; dann lassen sie die Stadt in Flammen aufgehen und führen ihre Scharen nach Metz. Als dies der Bischof dieser Stadt erfuhr, vereinigte er sich mit dem Bischof Bertulf und dem Grafen Adalhard und rückt jenen aus eigenem Entschlusse zur Schlacht entgegen. Es kam zum Kampf, und die Normannen blieben Sieger. Jener Bischof Wala fiel in der Schlacht, die übrigen flohen. Die Heiden geben den Zug, den sie begonnen hatten, auf und kehren mit unermesslicher Beute in größter Schnelligkeit zu ihrer Flotte zurück.“ – Annales Vedastini zum Jahr 882. Wie wichtig ihnen diese Rückzugsmöglichkeit war, geht aus ihrem Verhalten hervor, als sie selbst in Angers belagert wurden. Als König Karl nach vergeblicher Belagerung begann, die Maine umzuleiten, auf der sie ihre Schiffe an der Stadtmauer vertäut hatten, gaben sie ihren Widerstand sofort auf und versprachen Karl eine hohe Lösegeldsumme, wenn er ihnen freien Abzug gewähre. Bei der oben erwähnten Belagerung Grobiņas ist eines der Hauptmotive, über Losorakel nach göttlicher Hilfe zu fragen, der Umstand, dass sie keinen raschen Erfolg hatten und ihre Schiffe aber fünf Tagsmärsche entfernt waren, was sie geradezu an den Rand der Panik brachte. Die großen Erpressungen zu Tributzahlungen, die auch im Frankenreich Gang und Gäbe waren, zeugen davon, dass Beute und nicht Kampfeslust im Vordergrund stand. Man kämpfte, wenn es sein musste, aber vermied den Kampf, wenn es ging und zahlte auch hin und wieder selbst Lösegeld, um lebend davonzukommen. Ein wesentliches Element ihres Erfolges war die Schnelligkeit und damit verbunden das Überraschungsmoment. Dies wurde nicht nur durch die schnellen Schiffe erreicht, sondern nach einigen Quellen auch dadurch, dass sie beritten waren. Zu Wasser Besonders in angelsächsischen Quellen wird die Leistung auf dem Gebiet der Schifffahrt besonders betont. Hier wird die seemännische Leistung stärker hervorgehoben, als in den fränkischen Quellen. Dort sind die Wikinger erbarmungslose und beutegierige und anerkanntermaßen tapfere Krieger, denen das Schiff als Waffe diente. Der “kühne Seefahrer” tritt demgegenüber fast in den Hintergrund. Gleichwohl hatte das Schiff im Bewusstsein der Skandinavier eine darüber hinaus gehende Bedeutung. Allerdings ist die Frage erlaubt, ob die skandinavische Gesellschaft derart homogen war, dass dies für alle Schichten galt. Denn das Schiff als Statussymbol tritt uns vor allem in der königlichen Kriegerkaste entgegen. Wie dies bei den Initiatoren und Teilnehmern privater Raubzüge aussah, ist damit noch nicht entschieden. Ein Wikingerschiff konnte bei klarem Wetter auf eine Weite von ungefähr 18 Seemeilen ausgemacht werden. Bei gutem Wind konnte diese Strecke in etwa einer Stunde zurückgelegt werden. Diese Zeit stand also zum Aufbau einer Verteidigung zur Verfügung. Es wird von Seekämpfen zwischen Wikingerflotten untereinander berichtet. Wie diese ausgetragen wurden, ist nicht bekannt. Man weiß nur etwas über die Kampfesweise der regulären Flotten unter königlichem Oberbefehl (siehe Wikingerzeit). Ein wesentliches Element des Erfolges war die Überraschung aufgrund schneller Schiffsbewegungen. „Ea tempestate Nordmannorum in emporio quod Quantovicus dicitur repentino sub lucem adventu depraedationibus, captivitate et nece sexus utriusque hominum adeo debachati sund, ut nihil in eo praeter aedificia pretio redempta relinquerent.“ „Um diese Zeit erschien plötzlich mit Tagesanbruch eine Flotte der Normannen vor dem Handelsplatz Quentovich, und diese wüteten so furchtbar, indem sie alles verwüsteten, die Einwohner fortschleppten und ohne Unterschied des Geschlechtes töteten, dass sie nichts, als die Gebäude zurückließen, deren Schonung teuer erkauft wurde.“ – Annales Bertiniani zum Jahre 842. Bei ihren Raubzügen auf dem Kontinent und in England waren die Wasserstraßen entscheidende Einfallstore. Als Muster und Beispiel mag genügen: „… et ultra vicum Dorstatum contra flumen Reni per miliaria novem remigaverunt usque ad vicum Meginhardi, et ibidem facta preda reversi sunt.“ „… und über Durstede hinaus fuhren sie Rheinaufwärts neun Meilen bis Meinerswijk und kehrten um, nachdem sie daselbst Beute gemacht hatten.“ – Annales Xantenses zum Jahr 847. Zu Lande Es kam auch vor, dass Wikinger ihre Schiffe verließen und größere Unternehmungen zu Lande machten. „Nordomanni Ligerim ingressi, relictis navibus, pedestri itinere urbem Pictavorum adire moliuntur.“ „Die Normannen, die in die Loire eingefahren waren, unternahmen zu Lande einen Zug gegen Poitiers, wobei sie die Schiffe verließen.“ – Annales Bertiniani zum Jahre 855 In England sind ausgedehnte Landmärsche der Wikinger überliefert. Wie die Wikinger sich zum Landkampf aufstellten, ist nicht bekannt. In der Regel handelte es sich um überraschende Überfälle, bei denen eine “Schlachtordnung” nicht erforderlich war. Kampfformationen sind nur aus Kriegen unter königlicher Führung bekannt. Bei Raubzügen aus festen Winterlagern ist es aber auch zu ausgedehnteren Kampfhandlungen gekommen. Verschiedentlich wird von Schlachten zwischen Wikingern und Verteidigungstruppen mit unterschiedlichem Ausgang berichtet, ohne dass Einzelheiten geschildert werden. Da es sich nicht um Berufskrieger handelte, ist mit besonderen Taktiken nicht zu rechnen. Als charakteristisch wird die Brenna beim Überfall angesehen, das Niederbrennen des Hauses, in welchem sich die Bewohner aufhalten, die dadurch alle umkommen. Am deutlichsten kommt dies im Bericht über den Wikingerzug Egill Skallagrimssons nach Kurland zum Ausdruck: Egill und seine Leute werden gefangen, können sich nachts befreien, rauben die Schatzkammer des Hausherrn leer und begeben sich zu ihren Schiffen. Dann heißt es: „En er þeir kómu í skóginn, þá nam Egill stað ok mælti: ‚Þessi ferð er allill ok eigi hermannlig. Vér höfum stolit fé bónda, svá at hann veit eigi til. Skal oss aldregi þá skömm henda. Förum nú aftr til bæjarins ok látum þá vita, hvat títt er.‘“ „Da stand Egill still und sprach: ‚Diese Fahrt ist sehr übel und gar nicht wikinggemäß. Wir haben dem Bauern sein Gut gestohlen, ohne dass er es weiß. Gehen wir zum Gehöft zurück, um dort bekannt zu machen, was geschehen ist.‘ “ – Egils saga Skalla-Grímssonar. Kap. 46. Die Gefährten weigern sich. Da geht er allein zurück, betritt die Küche, holt dort einen brennenden Balken, geht in die Sitzhalle und stößt den Balken in das Dach, so dass es Feuer fängt. Alle Bewohner verbrennen entweder drinnen oder werden von ihm erschlagen, wenn sie herauskommen. Dann erst geht er zufrieden auf sein Schiff. Ob dieses “wikinggemäße” Verhalten tatsächlich zum Ehrenkodex gehörte, lässt sich nicht sicher ausmachen. Das Verhalten der Gefährten spricht eher dagegen. Auf der anderen Seite wird in den Sagas nirgends von einem verheimlichten Überfall in Feindesland berichtet. In diesem Umfeld war die heimliche Schadenszufügung “Neidingswerk”. Der eklatante Unterschied zu dem Mordbrennen im Frankenreich liegt auf der Hand. Die Brenna wurde aber nicht nur von Wikingern angewendet, sondern kommt auch bei anderen Auseinandersetzungen (Njáls saga) vor und wurde auch vom König selbst vorgenommen, so auch von Harald Hårfagre. Die Erichssöhne, die Könige Harald Graumantel und Erling, verbrannten den Ladejarl Sigurd bei Sonnenaufgang in seinem Haus. Bei den Einfällen im Frankenreich ist von mehreren Truppen die Rede. Sie waren häufig beritten. Über die Schlacht von Saucourt am 3. August 881 wird berichtet: „Nepos vero illius cum Nordmannis dimicans nobiliter triumphavit; nam novem milia equitum ex eis occidisse perhibetur.“ „Sein Neffe kämpfte gegen die Normannen und triumphierte rühmlich; denn er soll von ihnen 9.000 Reiter getötet haben.“ – Annales Fuldenses zum Jahre 881. Wenn auch die Zahl unglaubhaft hoch ist, so ist die Angabe, es habe sich um Reiterkrieger gehandelt, glaubhaft. Überhaupt werden in den Quellen häufig unglaubhaft hohe Zahlen der Wikinger genannt: 882 siegte König Karlmann bei Avaux über die Normannen. Dort sollen ungefähr 1.000 Normannen gefallen sein. Auch die Zahl von 6.800 Toten bei der Schlacht von Chartres im Jahre 911, wo Karl der Einfältige Sieger blieb, wird für übertrieben gehalten. Dass das Heer Rollos vorher 30.000 Mann umfasst haben soll, wird ebenfalls für eine Übertreibung gehalten. Abbo von Saint Germain behauptete, Siegfried und seine Normannen seien mit 700 Schiffen vor Paris erschienen und Regino von Prüm nennt die Zahl von „mehr als 30.000 Kriegern“ vor Paris. Auch der Verlust von fast 15.000 Kriegern bei einer lokalen Schlacht in der Bretagne im Jahre 890, nachdem angeblich bereits in einem vorangegangenen Gefecht mehrere Tausend gefallen sein sollen, ist offensichtlich übertrieben. Das gleiche gilt für den Bericht von Widukind von Corvey, Odo habe in Westfranken an einem Tage mehr als 100.000 Normannen getötet, oder von Bovo von Korvei, 844 seien bei einer Schlacht in Sachsen 10.371 Dänen gefallen. Man muss davon ausgehen, dass der Kampf meist unkoordiniert geführt wurde. Besondere Formationen und Kampftaktiken werden nirgends geschildert. Wenn es zum Kampf kam, schleuderte man üblicherweise zunächst Steine, Speere, sonstige Gegenstände und schoss Pfeile und verfiel danach in einen planlosen, mit roher Gewalt geführten Kampf Mann gegen Mann, bis die andere Seite niedergerungen war. Ein Ziel war es, den Anführer des Gegners zu töten und seine Standarte zu erobern, um den Feind der militärischen Führung zu berauben und eine Auflösung des gegnerischen Trupps zu forcieren. Standarten werden in den angelsächsischen Quellen erwähnt, insbesondere das “Rabenbanner”. Ging der Kampf verloren, so wird oft berichtet, dass sie sich der geschlossenen Verfolgung dadurch entzogen, dass sie sich in nahegelegene Wälder einzeln zerstreuten und sich so zu den Schiffen durchschlugen. Die Wikinger verstanden sich aber nicht nur auf den Kampf auf einem Schlachtfeld. Vielmehr stellten sie mehrfach unter Beweis, dass sie Belagerungsmaschinen entwickeln konnten bzw. Belagerungstechniken kannten. So bauten sie vor Paris 885 Belagerungsgeräte oder legten Feuer mit Stroh und Reisig, um die Belagerung voranzutreiben. Abbo von St. Germain berichtet von Katapulten und “plumbea” (Bleikugeln). Bei der Belagerung von Paris heißt es, die Normannen hätten „cum diverso apparatu armorum et machinarum arietumque“ (mit verschiedenen Angriffsgeräten, Maschinen und Mauerbrechern) die Stadt angegriffen. Auch hoben sie kleine getarnte Gruben aus, die die Pferde zum Sturz brachten. „Porro Nortmanni audientes adpropinquare exercitum foderant foveas latitudinis unius pedis et profunditatis trium in circuitu castrorum easque quisquiliis et stipula operuerant, semitas tantum discusui necessarias intactus reservantes.; pauci igitur latrunculi, qui tatitabant in convacis viarum itineribus, videntes Heinricum adpropinquare cito surgunt a locis, in quibus delituerant, provocantque virum telis et voce lasessunt. Ille animi magnitudine indignitatem rei non ferens super eos irruit, et mox in caecis foveis equus, cui insidebat, inpegit et cum ipso in terram corruit; hostes summa cum festinatione advolantes, antequam a loco elevaretur, eum terrae confodiunt et aspiciente universo exercitu absque mora trucidant, arma auferunt et spolia ex parte diripiunt.“ „Die Normannen andererseits hatten, wie sie von dem Anzuge des Heeres hörten, rings um ihr Lager Gruben ausgehoben, einen Fuß breit und drei Fuß tief, und diese mit Gerümpel und Stroh bedeckt, indem sie nur die zum Hin- und Hergehen notwendigen Pfade ausgespart ließen; einige von diesen Strauchdieben nun, die sich in Hohlwegen verborgen hatten, springen, wie sie (Herzog) Heinrich herankommen sehen, schnell aus ihren Schlupfwinkeln hervor, fordern den Mann durch Geschosse zum Kampfe heraus und reizen ihn mit Worten. Jener, der in seinem hohen Mute diese unwürdige Behandlung nicht ertragen wollte, fiel über sie her, und alsbald geriet das Ross, auf welchem er saß, in die verdeckten Gruben und stürzte mit ihm nieder; die Feinde fliegen in größter Eile herbei, durchstoßen ihn an der Erde, ehe er sich von der Stelle erheben konnte, bringen ihn vor den Augen des ganzen Heeres ohne Verzug ums Leben, nehmen seine Waffen fort und bemächtigen sich eines Teiles seiner Rüstung.“ – Reginonis chronica zum Jahre 887. Es fällt auf, dass nach dem Ende eines Kampfes regelmäßig von einer gewaltigen Beute der Sieger die Rede ist. Das bedeutet, dass die kämpfende Truppe fast ihr gesamtes Hab und Gut mit sich führte. Für die fränkischen Truppen wird dies durch die folgende Schilderung einer vom Kaiser verlorenen Schlacht bei Andernach bestätigt: „Multi autem qui effugere poterant impediti sunt, quoniam omnes sagmae imperatoris et aliorum qui cum eo erant, sed et mercatores ac scuta vendentes imperatorem et hostem sequebantur et in angusto itinere fugientibus viam clauserunt.“ „Viele aber, die hätten entfliehen können, wurden daran gehindert, indem alle Lastpferde des Kaisers und der anderen, die mit ihm waren, aber auch die Krämer und Waffenverkäufer dem Kaiser und seinem Heer folgten und auf der engen Straße den Flüchtigen den Weg versperrten.“ – Annales Bertiniani zum Jahre 876. Religion Über die religiösen Vorstellungen der Wikinger ist so gut wie nichts bekannt. In der nicht historischen Örvar-Odds-Saga wird erzählt, dass Örvar-Odd auf seiner Fahrt nach Frankreich an ein großes steinernes Haus in einer sonderbaren Bauart gekommen sei. Sie hätten dort Leute hineingehen und nach einer Weile wieder herauskommen sehen. Dann hätten sie dort jemanden gefragt und erfahren, dass das Land Aquitanien heiße und das Gebäude eine Kirche sei. Auf die Gegenfrage, ob sie Heiden seien, sei folgender Dialog gefolgt: „Vér vitum alls ekki til annarrar trúar en vér trúum á mátt várn ok megin, en ekki trúum vér á Óðin, eða hverja trú hafi þér?‘ Landsmaðr sagði: ‚Vér trúum á þann, er skapat hefir himin ok jörð, sjóinn, sól ok tungl.‘ Oddr mælti: ‚Sá mun mikill, er þetta hefir allt smíðat, þat hyggjumst ek skilja.‘“ „‚Wir wissen gar nichts von einem anderen Glauben, wir glauben aber an unsere Macht und Stärke, und nicht glauben wir an Odin; aber was für einen Glauben habt ihr?‘ Der Einheimische sagte: ‚Wir glauben an den, der Himmel und Erde geschaffen hat, die See, die Sonne und den Mond.‘ Odd sprach: ‚Der muss groß sein, der alles das gezimmert hat, das glaube ich einzusehen.‘“ – Örvar-Odds saga Kap. 17. Hier hat der Dichter den Dialog sicher aus seiner Kenntnis wikingischer Denkungsart gestaltet. Auf der anderen Seite wird immer wieder berichtet, man habe vor Unternehmungen mit unbekanntem Risiko das Losorakel befragt, im Falle des Überfalls auf Grobiņas mit dem erklärten Ziel zu erfahren, welcher Gott sie bei ihrer Unternehmung unterstützen werde. Ein weiteres Beispiel ist der Angriff dänischer Wikinger auf Birka, den der aus Schweden vertriebene König Anund leitete. Dieser hatte mit den Bewohnern einen Lösegeld-Vertrag geschlossen, den seine dänische Truppe aber nicht billigte, weil der Betrag zu klein sei. Rimbert fährt dann fort: „Interim rex praefatus cum Danis agere coepit, ut sorte perquirerent, utrum voluntate deorum locus ipse ab eis devastandus esset. ,Multi', inquit, ,ibi sunt dii potentes et magni, ibi etiam ecclesia olim constructa est, et cultura Christi a multis ibi christianis excolitur, qui fortissimus est deorum et potest sperantibus in se quoquo modo vult auxiliari. Necessario ergo quaerendum est, utrum divina ad hoc voluntate incitemini'. Quod Uli, quia sie apud eos moris erat, nequaquam abnuere potuerunt. Quaesitum est igitur sortibus et inventum, quod cum sua hoc prosperitate nullatenus perficere possent, neque locum ipsum eorum depraedationi a Deo concessum. Iterum quaesitum est, in quam partem ituri essent, ubi sibi peeuniam adquirerent, ne forte vana spe frustrati ad sua vacui remearent. Ceciditque sors, quod ad urbem quandam longius inde positam in finibus Slavorum ire deberent. Hoc ergo Uli, videlicet Dani, quasi divinitus sibi imperatum credentes, a loco memorato recesserunt et ad urbem ipsam directo itinere propera-runt. Irruentesque super quietos et secure habitantes improvise, civi-tatem illam armis coeperunt, et captis in ea spoliis ac thesauris multis, ad sua reversi sunt. Rex vero ille, qui ad eos depraedandos venerat, pace cum eis foederata, argentum, quod ab eis nuper aeeeperat, red-didit et apud eos aliquandiu resedit, volens genti suae reconciliari.“ „Der König hatte inzwischen den Dänen eine Befragung des Losorakels vorgeschlagen, ob sie den Wik mit Willen der Götter verwüsten sollten. „Dort wohnen viele mächtige und große Götter“, sagte er; „auch ist früher dort eine Kirche erbaut worden; da wird der Kult Christi, des stärksten der Götter, von vielen Christen gepflegt; wenn er will, kann er denen, die auf ihn hoffen, nach seinem Belieben Hilfe bringen. Wir müssen deshalb fragen, ob euch der Wille von Göttern zum Angriff treibt“. Dagegen ließ sich nach ihrer Sitte nichts einwenden. Man befragte also die Lose und fand, ihr Heil werde nicht ausreichen; Gott erlaube ihnen eine Plünderung des Ortes nicht. Nochmals wurde gelost, wohin sie sich wenden sollten, und wo Schätze zu gewinnen seien, damit sie nicht, von falscher Hoffnung getäuscht, mit leeren Händen heimkehren müßten. Da fiel das Los, sie hätten zu einer weit entfernten Burg im Slawenlande zu fahren. Die Dänen sahen darin ein göttliches Gebot, verließen Birka und beeilten sich, geradenwegs diese Burg zu erreichen. Ganz unerwartet fielen sie dort über die friedlichen, sorglosen Einwohner her, nahmen die Feste mit Waffengewalt und kehrten reich an Raubgut und vielen Schätzen in die Heimat zurück. Doch der König, der Birka hatte plündern wollen, verglich sich mit ihm, gab das jüngst erhaltene Geld zurück und wohnte eine Zeitlang dort, denn er wollte sich mit seinem Volke wieder aussöhnen.“ – Vita Anskarii Kap. 19 Diese gegensätzlichen Darstellungen sprechen dafür, dass die Auffassungen nicht einheitlich waren. Aber die Sitte, das Losorakel zu befragen und sich seinem Urteil zu unterwerfen, scheint doch darauf hinzudeuten, dass man mehrheitlich an die Existenz der Götter glaubte. Möglicherweise war die unterschiedliche Haltung auch schichtenspezifisch, also die einfachen Kämpfer dem Aberglauben eher zugeneigt als die Führung. Dafür spricht die Untersuchung Ströms, wonach dieses “Sich berufen auf die eigene Kraft” ein Zeichen für einen sozialen Aufbruch aus der religiös motivierten Bindung an die eigene Scholle und die eigene Sippe war. Aber andere rituelle Handlungen mit Bezug auf die Götter sind nicht überliefert, so dass man von einer Religionsausübung nicht wird sprechen können. Aus keiner fränkischen oder angelsächsischen Quelle ist auch nur indirekt zu entnehmen, dass im Bewusstsein der Wikinger mit einem ehrenvollen Tod auf dem Schlachtfeld der Einzug nach Walhall verbunden war. Diese Vorstellung bildete sich nur bei einer königsnahen höfischen Kriegerkaste aus. Die Folgen der Christianisierung In den jeweiligen Ländern hatte die Christianisierung eine Stärkung der Zentralgewalt, die sich im König manifestierte, zur Folge. Während der Einzelne sich bislang nur seiner Sippe verpflichtet gefühlt hatte, trat allmählich ein Wandel zur Verantwortung für den gesamten Herrschaftsbereich des Königs ein, der sich in der Leidangsverfassung niederschlug. Er erlaubte die Organisation einer überregionalen Verteidigung. Zu Zeiten Harald Hårfagres war eine wirksame Küstenverteidigung noch nicht möglich, weshalb er mit seiner Flotte zu dem Ausgangspunkt für die Strandraubfahrten, den Orkneys fahren musste, um die Seeräuber an der Quelle zu bekämpfen. Mit dem Leidang war auch eine gemeinschaftliche, organisierte Verteidigung an der Küste möglich. Solche überörtlichen Verteidigungsmaßnahmen wurden im gesamten Einwirkungsbereich der Wikinger, also auch in England und im Frankenreich, auf unterschiedlicher Grundlage entwickelt. Dies verminderte entscheidend die Erfolgsaussichten der räuberischen Überfälle, die dann auch im Laufe der Zeit kontinuierlich abnahmen. Die Friesen sind ein germanischer Volksstamm, der an der Nordseeküste in den Niederlanden und Deutschland lebt. In Deutschland und den Niederlanden sind die Friesen als Minderheit beziehungsweise als Volksgruppe anerkannt. Geschichte Das älteste schriftliche Zeugnis vom Gebiet der Friesen stammt von dem Griechen Pytheas von Massilia, der um 325 v. Chr. das Gebiet der heutigen Deutschen Bucht und Mittelnorwegen erreichte. „An einem Wattgebiet des Ozeans namens Metuonis, das eine Ausdehnung von 6000 Stadien hat, liegt von diesem entfernt die Insel Abalus, wo im Frühjahr Bernstein angetrieben wird.“ Dies ist die erste Erwähnung von Helgoland (Abalus) und der südlichen Nordseeküste. (E.H. Berger: Geschichte der wissenschaftlichen Erdkunde der Griechen). Bernstein gehört zu den ältesten Fernhandelsgütern. Die große Verlandung, die im 1. Jahrhundert v. Chr. begann, hatte eine große Siedlungswelle zunächst in das Marschgebiet zur Folge. Spätere Siedler begannen auch Land zu besiedeln, das zweimal am Tag von der Flut bedeckt wurde, indem sie Hügel aufschütteten, die höher als die höchste Flut lagen, die Warften. Römerzeit Die antiken Friesen („Frisii“) wurden vom römischen Historiker Tacitus in seiner Germania der Gruppe der Ingaevones zugeordnet, zu denen noch die Chauken und Sachsen gezählt wurden. Das Land der Friesen lag an der Küste der Nordsee von der Mündung des Rheins bis etwa zur Ems. Ostwärts der Ems siedelten nach diesen römischen Angaben die Chauken. Die erste Erwähnung der Friesen stammt von Plinius dem Älteren und steht in Zusammenhang eines Feldzugs des römischen Feldherren Drusus, der im Jahre 12 vor Christus in den Friesen Verbündete fand. Doch bereits in den Jahren von 28 bis 47 lehnten sich die Friesen gegen die Ausbeutung durch die Römer auf, wie Tacitus berichtet. In seinen Annalen berichtete er über das Jahr 28: „Im selben Jahr brachen die Friesen, ein Volk jenseits des Rheins, den Frieden, mehr infolge unserer Habsucht als aus Trotz gegen unsere Herrschaft. Drusus hatte ihnen in Rücksicht auf ihre dürftigen Verhältnisse einen mäßigen Tribut auferlegt: Sie sollten für Heerzwecke Rinderhäute liefern.“ Obwohl die Rinder der Friesen damals klein waren, forderten die römischen Beamten Häute in der Größe von Auerochsen. Tacitus führt aus: „Die Bedingung, die auch andere Völker nur schwer hätten erfüllen können, war um so drückender für die Friesen; denn wenn auch ihre Wälder reich an mächtigen Ungetümen sind, sind ihre zahmen Rinder jedoch klein. So lieferten die Friesen am Anfang ihre Rinder; dann mussten sie auch ihre Frauen und Kinder oder beides an Tribut leisten. … Die römischen Soldaten, die zur Erhebung des Tributes nach Friesland kamen, wurden daher von den Friesen angegriffen und ans Kreuz geschlagen.“ In Folge gelang es den römischen Legionen zwar den Aufstand niederzuschlagen, aber sowohl der Feldzug als auch die gewonnene Entscheidungsschlacht führten zu außerordentlichen Verlusten. So gerieten nahe dem heiligen Hain der Friesen, Baduhenna, einige römische Verbände in einen Hinterhalt und wurden ausgelöscht, wobei nach den Berichten 900 Römer den Tod fanden. Die Angehörigen eines weiteren Truppenverbandes von 400 Legionären wurde ebenfalls eingeschlossen und gaben sich überwiegend selbst den Tod, inden sie sich in ihre Schwerter stürzten, nachdem ihre Lage aussichtslos war. Tacitus berichtete: „Seither hat der Name der Friesen bei den Germanen einen hellen Klang.“ Auch wird für das Jahr 16 die Anwesenheit eines großen römischen Heeres an der Ems bei Jemgum angenommen. Die Quellenlage zu den Friesen wird vom 4. bis 7. Jahrhundert sehr dünn. Archäologische Funde lassen darauf schließen, dass um 300 die Bevölkerung stark zurückgegangen war, allerdings um das Jahr 500 wieder sprunghaft anstieg. Im Zusammenhang mit diesen Ereignissen wird vermutet, dass die Friesen um diese Zeit einen starken Zuzug aus den umliegenden angelsächsischen Stammesgruppen zu verzeichnen hatten. Dabei kann bis heute nicht ganz geklärt werden, ob die „Ur-Friesen“ überhaupt germanischen Ursprungs waren oder erst durch den Zuzug „germanisiert“ wurden, im Gegenzug den Neuankömmlingen allerdings auch ihren Stempel aufdrückten. Eine Kontinuität der „Frisii“ des Tacitus zu den Friesen ab dem Jahr 500 ist jedenfalls nur sehr bedingt gegeben. Zudem waren in den Randgebieten Frieslands sächsische und fränkische Bewohner durchaus nicht selten. Ins Licht der Geschichte traten die Friesen zurück, als sie mit den Merowingern und Karolingern in Kontakt kamen. Zeit der Völkerwanderung Im 5. Jahrhundert, während der geschichtlichen Ruhe um die Friesen, haben sich wohl viele Friesen den Angeln und Sachsen angeschlossen, die über friesisches Land marschierten, um in Britannien einzufallen. Man vermutete bis etwa 1950, dass ein Teil der Friesen sich mit den Jüten in Kent niedergelassen habe. Als Begründung diente, dass das „Kentische“ bis heute eine große Ähnlichkeit mit dem Westfriesischen aufweist. Doch ist es geschichtlich überliefert, dass die Jüten über Friesland nach Britannien einfielen, und so dürfte es wahrscheinlicher sein, das sie sich dort eine längere Zeit aufgehalten haben und sich sprachlich den dortigen Friesen anpassten. Am Ende des 6. Jahrhunderts besetzten die Friesen die Küste bis zur Mündung der Weser. Dabei assimilierten oder vertrieben sie den Stamm der Chauken. Im Süden breiteten sie sich bis ins 7. Jahrhundert weiter südwärts bis nach Dorestad und sogar bis nach Brügge aus. Herrschaft der Franken Danach eroberte jedoch Karl Martell den westlichen Teil Frieslands, und der letzte Gesamtherzog der Friesen Poppo fiel in einem Kampf gegen einen fränkischen Adeligen. Diese größte Ausbreitung des friesischen Territoriums ist bekannt als Frisia Magna. Das, was heute von der Frisia Magna übriggeblieben ist, ist klein und verstreut. Das meiste ist von den sich ausbreitenden Nachbarn erobert worden, von den Sachsen, die in den Norden und Westen vordrangen und den Franken, die den Norden und Osten besetzten. Karl der Große eroberte 785 nach dem Sieg über die Sachsen ganz Friesland einschließlich der östlichen Gebiete bis zur Weser für das fränkische Reich. Er vertrat eine Politik, die den einzelnen Stämmen im Reich eine gewisse Autonomie sicherte. Aus diesem Grund ließ er gegen Ende des 8. Jahrhunderts die überlieferten germanischen Stammesgesetze aufzeichnen, so auch die Lex Frisionum, das alte Gesetz der Friesen. Etwa um 800 besiedelten Friesen die heutigen nordfriesischen Inseln zwischen Eiderstedt und Sylt. Die in den Uthlanden wohnenden Friesen unterstanden als Königsfriesen direkt der dänischen Krone. Deutlich später, vermutlich im 11. Jahrhundert, wurde in einer zweiten Welle dann auch die Westküste Südjütlands (das spätere Herzogtum Schleswig) zwischen den Flüssen Eider und Vidå besiedelt. Möglicherweise bestand bei dieser Auswanderung ein Zusammenhang mit der Ausdehnung der fränkischen Herrschaft, denn die Nordfriesen siedelten außerhalb des karolingischen Machtbereichs, der an der Eider endete. Unter der Frankenherrschaft wurden die Friesen im alten Kernland christianisiert. Bis zum Jahr 800 war die Oberschicht zum Christentum konvertiert, bei der einfachen Bevölkerung dauerte der Prozess deutlich länger. Die an die jütische Küste in Schleswig ausgewanderten Friesen wurden dagegen erst im 11. Jahrhundert Christen, nachdem die Annahme dieser Religion für sie nicht mehr automatisch die Unterwerfung unter die fränkische Herrschaft bedeutete. Unter Karl dem Großen wurden die Friesen von der Heerfolge (d. h. vom fränkischen Militärdienst) befreit und mussten nunmehr nur das Kirchen-Zehntel (Vorläufer der Kirchensteuer) zahlen. Nachdem die Friesen schließlich die von den Frankenkönigen eingesetzten Grafen wieder vertreiben konnten, begann die häufig romantisch überhöht dargestellte, aber dennoch bemerkenswerte Zeit der Friesischen Freiheit. Diese Form der friesischen Selbstverwaltung bedeutete einen deutlichen Unterschied zu anderen Territorien in Europa. In Friesland von der Zuidersee bis zur Weser bildeten sich zahlreiche kleine Landesgemeinden, die häufig freiheitlich und genossenschaftlich organisiert waren und eigene Ratsverfassungen besaßen. Die Friesen beriefen sich auf Freiheitsrechte, die der Legende nach von Karl dem Großen, tatsächlich wohl aber von einem seiner Nachfolger an die Friesen verliehen wurden. Im Gegensatz zum übrigen Europa etablierte sich kein feudalistisches System. Nach Karl dem Großen Nach dem Zerfall des Frankenreiches unter den Erben Karls des Großen gehörte das Gebiet der Friesen ab 843 zum Mittelreich Lothars I. und nach dessen Zerschlagung zum Ostfränkischen Reich. Dort wurden sie lose dem „Herzogtum Niederlothringen“ zugeordnet. Friesische Freiheit Die Landesgemeinden, symbolisch die sieben friesischen Seelande genannt, waren somit reichsunmittelbar und nur dem Kaiser untertan. Die Abgesandten der Landesgemeinden trafen sich einmal im Jahr am Upstalsboom. Die Zeit der Friesischen Freiheit dauerte etwa vom 12. bis zum 14. Jahrhundert. Neuzeit Mit dem Tod des ostfriesischen Fürsten Carl Edzard erlosch mit dem Haus Cirksena im Jahr 1744 das letzte einheimische friesische Geschlecht, das eine Herrschaft auf friesischem Boden begründen konnte. Anschließend wurde Ostfriesland von Friedrich dem Großen für Preußen in Besitz genommen. Wirtschaftsgeschichte Bis zum Aufstieg der Hanse waren die Friesen das bedeutendste Handels- und Seefahrervolk der Nordseeküste. Der älteste Bericht von der Wirtschaftweise an der Nordseeküste stammt von Plinius dem Älteren, der im Jahr 47 als Reiteroffizier am Feldzug des Corbulus gegen die Chauken, die östlichen Nachbarn der Friesen an der Nordseeküste, teilnahm. Diese Schilderung der Chauken gibt auch sicherlich ein exaktes Bild der Wirtschaftsweise der Friesen. Das Wattgebiet: Fischfang und Leben auf der Warft, Binsen und Schilf, Torfstecherei Plinius: „Gesehen haben wir im Norden die Völkerschaften der Chauken, die die größeren und die kleineren heißen. In großartiger Bewegung ergießt sich dort zweimal im Zeitraum eines jeden Tages und einer jeden Nacht das Meer über eine unendliche Fläche und offenbart einen ewigen Streit der Natur in einer Gegend, in der es zweifelhaft ist, ob sie zum Land oder zum Meer gehört.
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Thema: Malerei, Deutsche Geschichte, Germanen, Wikinger, Schleswig-Holstein
Material: Mattes Papier
Herstellungsmethode: Offset-Lithographie
Produktart: Druck
Größe: Klein (bis 50cm)
Jahr: 1934
Verkäufertyp: Kunsthändler
Zeitraum: 1900-1949
Höhe (cm): 25
Format: Hochformat
Kunststil: Gegenständlich
Originalität: Limitierte Auflage Druck